366 Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften.
leistung ist die Draufgabe im Zweifel Angeld 37 Sie ist daher auf
die geschuldete Leistung anzurechnen oder, wenn dies nicht ge
schehen kann, bei der Erfüllung zurückzugeben 38. Doch kann
kraft Vereinbarung und beim Gesindevertrage auch kraft gesetz
licher Vorschrift die Draufgabe umgekehrt als Zugabe gelten 39
Im Falle der Wiederaufhebung des Vertrages muss die Draufgabe
zurückgegeben werden 2°
Daneben dient die Draufgabe regelmässig als materielles
Bestärkungsmittel des Schuldvertrages. Schon im älteren
deutschen Recht begegnet eine Steigerung der Kraft des Angeldes
als Haftgeld durch Androhung seines Verlustes im Falle der Nicht
erfüllung des Vertrages41. Gemeinrechtlich wurde auf Grund des
römischen Rechts die Rückforderung des Angeldes mindestens dann
ausgeschlossen, wenn der Empfänger von einem ihm vertragsmässig
eingeräumten Rücktrittsrecht wegen Nichterfüllung Gebrauch
macht 42. Das preufsische Landrecht knüpft stets an die ver
schuldete Vereitelung der Erfüllung den Verlust der Draufgabe 43
Nach anderen Gesetzbüchern soll nicht nur der schuldige Geber
37 Sie bleibt jedoch begrifflich und rechtlich verschieden von einer An
zahlung. Ob Draufgabe oder Anzahlung vorliegt, läfst sich bei Gleichartigkeit
der Leistungen nur nach dem aus den Umständen und der Verkehrssitte er
hellenden Zweck der Gabe entscheiden.
Die Draufgabe fordert einen zum
sinnfälligen Zeichen des Vertragsschlusses geeigneten Realakt.
38 B.G.B. § 3371. Ebenso Sächs. Gb. § 894; A.D.H.G.B. Art. 285 2; auch
Preufs. A.L.R. I, 5 § 206—207, jedoch nach § 208 nicht, wenn die Draufgabe
von anderer Art als die Hauptleistung ist.
39 Über das Gesinderecht vgl. unten § 200 III. Allgemein vermutet das
Schweiz. O.R. a. 178 (158)2 für die Natur als Zugabe. Über das Preufs. A.L.R.
vgl. die vorige Anm.
4° B.G.B. § 3372. Vgl. Preufs. A.L.R. I, 5 § 220—225, Sächs. Gb. § 894.
Der Anspruch
Dies gilt im Zweifel auch, wenn die Draufgabe Zugabe ist.
auf Rückgabe ist nicht, wie Schollmeyer zu B.G.B. § 337 Bem. 1. Stau
dinger Bem. 2, Oertmann Bem. 3, Endemann § 107 Anm. 6 wollen, als
Bereicherungsanspruch zu konstruieren, sondern entspringt aus dem Vertrage;
Enneccerus § 260 Anm. 2, Planck Bem. 3.
41 So in l. Bajuv. XVI, 10: ist der Käufer im Verzuge, tunc perdat arras,
et pretium, quod debuit, impleat.
42 L. 6 pr., l. 8 D. 18, 3; Windscheid § 325 Anm. 3. Manche, wie
Savigny a. a. O. S. 271 ff., wollten allgemein Verwirkung der arrha durch
Nichterfüllung annehmen.
43 Preufs. A.L.R. I, 5 § 217—219. Dies bedeutet aber für den schuldigen
Empfänger nur dann einen Rechtsnachteil, wenn die Draufgabe Zugabe war.
Auch kann der schuldige Geber die verlorene Draufgabe auf die zu leistende
Entschädigung anrechnen.