Full text: Deutsches Privatrecht (3)

364 Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften. 
eine Verpfändung der Freiheit und setzte daher den Schuldne 
der Schuldknechtschaft oder Schuldhaft aus. Seitdem diese Arten 
des Zugriffs auf die Person zu Mitteln der gerichtlichen Zwangs 
vollstreckung ausgebildet und als solche in feste gesetzliche Former 
gegossen waren, blieben besondere Haftungsgeschäfte möglich, durch 
die der Schuldner seine Freiheit auschliefslich und unmittelbar für 
die Schuld einsetzte. Er mochte dem Gläubiger das Recht ein 
räumen, ihn im Verzugsfalle eigenmächtig gefangen zu nehmen 
und als Geisel mit sich zu führen. Doch kam dies anscheinend 
nur vereinzelt vor 22. Um so gebräuchlicher wurde im Mittelalter 
das Einlagergedinge, durch das sich der Schuldner oder sein Bürge 
einer aufschiebend bedingten Vergeiselung in der abgeschwächten 
Gestalt des Einlagers (Einreitens, Leistung) oder obstagium unter 
warf 3°. Das Einlagerversprechen, das vornehmlich von hochstehen 
den Personen abgegeben wurde, aber auch im Bürger- und Bauern 
stande vorkam, verpflichtete den Haftenden, sich im Verzugsfalle 
auf gehörige Aufforderung allein oder mit Begleitern an einen 
bestimmten Ort, in ein Haus, eine Burg, am häufigsten in ein 
Wirtshaus zu begeben und dort auf eigne Kosten in „Pfandhaftung 
zu verweilen, bis er aus dieser durch Befriedigung des Gläubigers 
oder auf andere Weise gelöst war 31. Die Freiheitsbeschränkung 
sollte als Druckmittel auf die Bewirkung der geschuldeten Ver 
mögensleistung hinwirken 32. 
Die Reichsgesetzgebung schaffte 
2° Ein Fall, in dem auf Grund einer derartigen Vereinbarung ein Bürge 
von Kremsier weggeführt werden sollte, ist im Brünner Schöffenb. c. 610 ent 
schieden; die Wegführung wird für unzulässig erklärt, dies aber nur mit den 
Privilegien der Stadt begründet; Sch. u. H. S. 250 Anm. 57. — Über ver 
tragsmässige Unterwerfung unter sofortige öffentliche Schuldhaft vgl. ebd. 
Anm. 55—56, 58. 
3° Über die Herkunft des Einlagers aus der Geiselschaft und die begriff 
liche und funktionelle Umprägung, die hierbei das alte Institut erfuhr, vgl. 
Sch. u. H. S. 52—55. Das Einlagerversprechen taucht in Frankreich seit dem 
Ende des 11., in Deutschland erst seit dem Ende des 12. Jahrh. auf. — Über 
die hier nicht interessierende mehrfach erfolgte Aufnahme eines richterlichen 
Einlagergebots unter die gesetzlichen Zwangsvollstreckungsmassregeln vgl. Sch. 
u. H. S. 55—56. 
31 Näheres über die im einzelnen mannigfach ungleiche Ausgestaltung 
in Sch. u. H. S. 53 ff., 251 ff. Die Erfüllung des Einlagerversprechens wurde 
oft durch Treugelübde oder Eid, deren Bruch dann die gewöhnlichen Folgen 
hatte, besonders gesichert. Notwendig war dies nicht, da bei Nichterfüllung 
die schärferen gesetzlichen Zwangsvollstreckungsmassregeln zulässig blieben. 
32 Namentlich auch auf die Verwandten, bei Fürsten auch auf die Land 
stände. Hierzu sollte das Anwachsen der Kosten infolge des zu treibenden
	        
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