§ 187. Bestärkungsmittel bei Schuldverträgen.
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der Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäftes durch eidliche Bestär
kung kennt 24. Doch blieb die Geltung einer derartigen allgemeinen
Regel bestritten und wurde in neuerer Zeit überwiegend abgelehnt 25
Die neuere Gesetzgebung bestimmte umgekehrt ausdrücklich, dals
durch eidliche Bestärkung ein Rechtsgeschäft niemals gröfsere
Kraft erlange, als es ohne sie haben würde 26. Nach geltendem
Recht ist daher der Eid kein rechtliches Bestärkungsmittel. Doch
bleibt er infolge des von ihm erzeugten Gewissensdruckes ein
moralisches Bestärkungsmittel. Darum ist die Abnahme eines
eidlichen Versprechens unter denselben Umständen wie die Ab
nahme des Ehrenwortes strafbar 27. Wenn im öffentlichen Recht
der Versprechenseid sich ein ausgedehntes Anwendungsgebiet be
wahrt hat (Fahneneid, Amtseid, Verfassungseid), so stattet er auch
hier nur Verpflichtungen, die ohne ihn mit gleicher rechtlicher
Wirkungskraft bestünden, mit religiöser Weihe aus.
IV. Verpflichtung zum Einlager28. Die Übernahme
der persönlichen Haftung durch Treugelöbnis enthielt vor allem
24 L. 1 C. 2, 27 (28) mit Auth. Frider. II „Sacramenta“ (bei Verpflich
tungsgeschäften geschlechtsreifer Minderjähriger). — Nur vereinzelt drang die
kirchliche Lehre schon im Mittelalter in weltliche deutsche Quellen ein; so in
Schwabensp. (L.) 160 u. 170 und einige von ihm abhängige Rechtsbücher; vgl.
Stobbe, Vertragsr. S. 29 ff. Seit dem 16. Jahrh. aber wurde sie überwiegend
anerkannt. Praktisch verwertet wurde sie besonders, um den nach röm. R.
unverbindlichen Erbverzicht in der Umdeutung zu einem Ausschlagungsver
sprechen für gültig zu erklären, wenn er eidlich geleistet war; Beseler.
Erbv. II, 1 S. 138 ff., II, 2 S. 243 ff., Siegel S. 104 ff. Doch stellte man hier
und in anderen Fällen vielfach dem Eide das hergebrachte Treugelübde gleich;
Sch. u. H. S. 244 ff. Anm. 32—35.
25 Vgl. Windscheid I § 83a; Dernburg, Pand. I § 131; Regels
berger I § 176 III. Darüber, ob und welche positivrechtlichen Ausnahmen
anzuerkennen seien, herrschte lebhafter Streit.
26 Holstein. V. v. 1758 b. Falck IV 25ff. Anm. 46. Württ. R. b. v. Wächter
II 773 ff. Preufs. A.L.R. I, 5 § 199. Hannov. G. v. 1821 b. Kraut § 124
Nr. 18—19. Meckl. G. v. 16. Mai 1863 § 1. Oldenb. G. v. 3. Juni 1864.
Auch die Strafen für Eidbruch wurden abgeschafft.
27 Str.G.B. § 302 u. 302b. Vgl. Öst. G. v. 28. Mai 1881 § 15.
28 Vgl. Sch. u. H. S. 251 ff. u. die dort Anm. 59 angef. umfangreiche Lit.;
bes. Stobbe, Vertragsr. S. 183 ff.; Neumann, Wucher S. 125 ff.; E. Fried
länder, Das Einlager, 1868; R. Loening, Vertragsbr. S. 239 ff., 424 ff., 427 ff.;
Puntschart S. 143ff.; Huber, Schweiz. P.R. IV 877 ff.; Lechner, Das
Obstagium oder die Geiselschaft nach schweiz. Qu., 1906; Rintelen, Schuld
haft und Einlager, 1907, S. 115 ff.; Hübner, Grundz.2 S. 425 ff. Seitdem auch
Guido Kisch, Über das Einlager im älteren böhmischen Schuldrecht, Mitt.
des Vereins f. d. Gesch. der Deutschen in Böhmen L 184 ff.; Das Einlager im
älteren Schuldrecht Mährens (S.A.), Prag 1912.