§ 186. Form der Schuldverträge.
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der Fall, wenn die Parteien den beabsichtigten Schuldvertrag noch
nicht als geschlossen ansehen, jedoch darüber einig sind, dass er
geschlossen werden soll 144
Zum Zustandekommen des Vorvertrages ist die Einigung
über alle wesentlichen Punkte des Hauptvertrages erforderlich,
während der offene oder versteckte Dissens über Nebenpunkte auch
hier unerheblich ist 145. Dagegen bedürfen Vorverträge grundsätz
lich nicht einer besonderen Form. Vorläufige Aufzeichnungen über
die wesentlichen Punkte des Hauptvertrages (sog. „Punktationen“
haben nur die Bedeutung eines Beweismittels 146. Auch wenn der
Hauptvertrag formbedürftig ist, kann der Vorvertrag formlos ge
schlossen werden 147
Nur insoweit eine für den Hauptvertrag
geltende gesetzliche Formvorschrift darauf abzielt, eine Bindung
durch eine nicht in gehöriger Form abgegebene Willenserklärung
überhaupt auszuschliefsen, kann auch eine Bindung durch Vor
vertrag nur in der gleichen Form erfolgen 148.
144 Ohne weiteres ergibt sich dieser Vertragsinhalt, wenn ein Konsensual
vertrag geschlossen ist, der zum Abschluss eines Realvertrages oder zur Ein
gehung einer Skripturobligation (z. B. pactum de cambiando) verpflichtet. Dagegen
ist es, wenn der beabsichtigte Schuldvertrag gleichfalls ein Konsensualvertrag
ist, eine oft schwierige Auslegungsfrage, ob schon der ergänzungsbedürftige
Hauptvertrag oder erst ein Vorvertrag geschlossen ist. Über Vorverträge zu
einem Handelsgesellschaftsvertrage vgl. R.O.H.G. IX Nr. 14.
145 In dieser Hinsicht sind die §§ 154 u. 155 des B.G.B., obschon sie es
nicht deutlich machen, auf Vorverträge anwendbar und gerade für sie von be
sonderer Erheblichkeit.
146 Preufs. A.L.R. I, 5 § 120—124. Öst. Gb. § 885. Sächs. Gb. § 827.
Übrigens ist der Ausdruck „Punktation“ vieldeutig und wird oft in untech
nischem Sinne gebraucht; Regelsberger a. a. 0. S. 134 ff., Degenkolb
a. a. O. S. 48, Windscheid § 310 S. 274.
14 Dies gilt zweifellos stets, wenn der Hauptvertrag durch Rechtsgeschäft
an eine Form gebunden ist (oben S. 354 Anm. 128); es kann z. B. ein münd
licher Vorvertrag zu schriftlichem Vertragsschlußs verpflichten, eine bindende
Punktation über einen notariell zu schliefsenden Vertrag aufgesetzt werden usw.
Ebenso ist der Vorvertrag formfrei, wenn der Hauptvertrag seiner inneren
Natur nach eine Form fordert; so z. B. der Vertrag über Ausstellung eines
Wechsels oder Eingehung einer anderen wertpapiermässigen Verpflichtung.
Aber auch gesetzliche Formvorschriften schliefsen insoweit, als dadurch ihr
Zweck nicht vereitelt wird, die bindende Kraft formloser Vorverträge nicht
aus. So kann die schriftliche Erteilung eines abstrakten Schuldversprechens
oder Schuldanerkenntnisses in einem Vorvertrage mündlich bedungen werden,
wenn nur das mündliche Versprechen seinerseits nicht abstrakt, sondern
kausal ist.
128 So verhält es sich zweifellos bei einem Vorvertrage, der zum Ab
schlüsse eines durch § 313 an gerichtliche oder notarielle Form gebundenen