§ 186. Form der Schuldverträge.
351
und begründet daher überhaupt kein Schuldverhältnis 116
Ist die
Form gewahrt, so deckt sie nur den von ihr aufgenommenen
Schuldinhalt. Somit kommt einerseits der Schuldvertrag nicht
zustande, wenn in bezug auf einen wesentlichen Punkt eine Be
stimmung zwar getroffen, aber nicht formalisiert ist 117. Anderer
seits entbehren gegenüber dem formgerecht beurkundeten Schuld
inhalte mündliche oder nicht gehörig beurkundete Nebenabreden
der verbindlichen Kraft 118
In manchen Fällen aber ist an die Verabsäumung der Form
nur eine verminderte Wirksamkeit des Schuldvertrages
geknüpft. Der formlose Vertrag begründet also ein Schuldverhält
nis, jedoch ein Schuldverhältnis, dessen Verpflichtungskraft hinter
dem Vereinbarten zurückbleibt. So entzieht der Mangel der Schrift
form dem für längere Zeit als ein Jahr geschlossenen liegenschaft
11e Dies gilt auch in den Fällen der heilbaren Nichtigkeit (unten S. 352 zu 3.).
Im Sinne des B.G.B. entsteht nicht eine zwar haftungslose, aber erfüllbare
Schuld (oben S. 45 Anm. 151); vielmehr hat die Bewirkung der Leistung, ob
schon sie keine Schulderfüllung ist, die Kraft eines nachträglichen Formersatzes.
117 So z. B. auch, wenn beim Verkaufe eines Grundstückes die Verein
barung über den Kaufpreis nicht oder unrichtig gerichtlich oder notariell be
urkundet ist; Seuff. LVIII Nr. 96, LIX Nr. 53, R.Ger. LXXVIII Nr. 24; Oert
mann zu § 313 Bem. 3, Siber b. Planck“ Bem. 3. Ebenso, wenn in der
Bürgschaftsurkunde die Hauptschuld nicht bezeichnet ist; R.Ger. LVII Nr. 59,
LIX Nr. 63, unten § 206 Anm. 50.
118 Vgl. Preufs. A.L.R. I, 5 § 127—129; Öst. Gb. § 887; auch Schweiz.
O.R. Art. 11 (jetzt 12), jedoch mit Ausnahme ergänzender Nebenbestimmungen. —
Der Formzwang erstreckt sich aber nur auf Nebenabreden über den Inhalt
der formbedürftigen Verpflichtung. Daher ist im Falle des § 313 zwar jede
Nebenabrede, die die Verpflichtung zur Grundstücksübereignung modifiziert
(z. B. auch Zusicherung bestimmter Eigenschaften), unverbindlich; nicht aber
eine Nebenabrede über solche Gegenleistungen des Erwerbers, die nicht als
Teil des Kaufpreises erscheinen, und auch nicht die Übernahme einer selb
ständigen Nebenverpflichtung durch den Veräufserer; vgl. R.Ger. LI Nr. 43
(dagegen Laband, D.J.Z. VIII 69), R.Ger. LII Nr. 1, Oertmann zu § 313
Bem. 3, Siber b. Planck4 Bem. 3. Im Falle des § 766 ist jede mündliche
Nebenabrede unwirksam, durch die der Bürge über das beurkundete oder ge
setzliche Mafs hinaus verpflichtet wird; R.Ger. J.W.Schr. 1903 Beil. S. 108,
Rspr. d. O.L.G. VIII 84, Oertmann zu § 766 Bem. 1b 3; a. M. Planck3 zu
§ 766 Bem. 2, Fischer-Henle Bem. 4. Dagegen darf man nicht mit dem
O.L.G. Bamberg b. Seuff. LXII Nr. 203 annehmen, dafs auch eine mündlich
vereinbarte Einschränkung (z. B. Befristung) der Bürgschaftsverpflichtung nicht
gelte. Vielmehr kann überall, wo die Annahme formfrei ist, der Versprechens
empfänger auch formfrei den Versprechenden teilweise entbinden; unten § 206
Anm. 51. — Zur Auslegung der gehörig beurkundeten Willenserklärungen
können mündliche Beredungen stets verwertet werden.