Full text: Deutsches Privatrecht (3)

§ 186. Form der Schuldverträge. 
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und begründet daher überhaupt kein Schuldverhältnis 116 
Ist die 
Form gewahrt, so deckt sie nur den von ihr aufgenommenen 
Schuldinhalt. Somit kommt einerseits der Schuldvertrag nicht 
zustande, wenn in bezug auf einen wesentlichen Punkt eine Be 
stimmung zwar getroffen, aber nicht formalisiert ist 117. Anderer 
seits entbehren gegenüber dem formgerecht beurkundeten Schuld 
inhalte mündliche oder nicht gehörig beurkundete Nebenabreden 
der verbindlichen Kraft 118 
In manchen Fällen aber ist an die Verabsäumung der Form 
nur eine verminderte Wirksamkeit des Schuldvertrages 
geknüpft. Der formlose Vertrag begründet also ein Schuldverhält 
nis, jedoch ein Schuldverhältnis, dessen Verpflichtungskraft hinter 
dem Vereinbarten zurückbleibt. So entzieht der Mangel der Schrift 
form dem für längere Zeit als ein Jahr geschlossenen liegenschaft 
11e Dies gilt auch in den Fällen der heilbaren Nichtigkeit (unten S. 352 zu 3.). 
Im Sinne des B.G.B. entsteht nicht eine zwar haftungslose, aber erfüllbare 
Schuld (oben S. 45 Anm. 151); vielmehr hat die Bewirkung der Leistung, ob 
schon sie keine Schulderfüllung ist, die Kraft eines nachträglichen Formersatzes. 
117 So z. B. auch, wenn beim Verkaufe eines Grundstückes die Verein 
barung über den Kaufpreis nicht oder unrichtig gerichtlich oder notariell be 
urkundet ist; Seuff. LVIII Nr. 96, LIX Nr. 53, R.Ger. LXXVIII Nr. 24; Oert 
mann zu § 313 Bem. 3, Siber b. Planck“ Bem. 3. Ebenso, wenn in der 
Bürgschaftsurkunde die Hauptschuld nicht bezeichnet ist; R.Ger. LVII Nr. 59, 
LIX Nr. 63, unten § 206 Anm. 50. 
118 Vgl. Preufs. A.L.R. I, 5 § 127—129; Öst. Gb. § 887; auch Schweiz. 
O.R. Art. 11 (jetzt 12), jedoch mit Ausnahme ergänzender Nebenbestimmungen. — 
Der Formzwang erstreckt sich aber nur auf Nebenabreden über den Inhalt 
der formbedürftigen Verpflichtung. Daher ist im Falle des § 313 zwar jede 
Nebenabrede, die die Verpflichtung zur Grundstücksübereignung modifiziert 
(z. B. auch Zusicherung bestimmter Eigenschaften), unverbindlich; nicht aber 
eine Nebenabrede über solche Gegenleistungen des Erwerbers, die nicht als 
Teil des Kaufpreises erscheinen, und auch nicht die Übernahme einer selb 
ständigen Nebenverpflichtung durch den Veräufserer; vgl. R.Ger. LI Nr. 43 
(dagegen Laband, D.J.Z. VIII 69), R.Ger. LII Nr. 1, Oertmann zu § 313 
Bem. 3, Siber b. Planck4 Bem. 3. Im Falle des § 766 ist jede mündliche 
Nebenabrede unwirksam, durch die der Bürge über das beurkundete oder ge 
setzliche Mafs hinaus verpflichtet wird; R.Ger. J.W.Schr. 1903 Beil. S. 108, 
Rspr. d. O.L.G. VIII 84, Oertmann zu § 766 Bem. 1b 3; a. M. Planck3 zu 
§ 766 Bem. 2, Fischer-Henle Bem. 4. Dagegen darf man nicht mit dem 
O.L.G. Bamberg b. Seuff. LXII Nr. 203 annehmen, dafs auch eine mündlich 
vereinbarte Einschränkung (z. B. Befristung) der Bürgschaftsverpflichtung nicht 
gelte. Vielmehr kann überall, wo die Annahme formfrei ist, der Versprechens 
empfänger auch formfrei den Versprechenden teilweise entbinden; unten § 206 
Anm. 51. — Zur Auslegung der gehörig beurkundeten Willenserklärungen 
können mündliche Beredungen stets verwertet werden.
	        
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