308 Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften.
und die noch nicht bewirkten Leistungen nicht mehr geschuldet
werden. Unrichtig aber ist auch die Meinung, dafs das gesamte
Schuldverhältnis mit rückwirkender Kraft aufgelöst werde und nur
eine neue selbständige Verpflichtung zur Rückgewähr des Emp
fangenen wegen Wegfalles des Grundes der Leistung entstehe 125
Vielmehr behält der Schuldvertrag eine auf Rückgängigmachung
seiner bisherigen Wirkungen gerichtete Wirkungskraft. Der Rück
tritt bewirkt also nur dann, wenn noch nichts geleistet ist, die
Beendigung des gesamten Schuldverhältnisses. Insoweit dagegen
schon etwas geleistet ist, bewirkt er nur eine Veränderung des
bisherigen Schuldverhältnisses, das nach wie vor aus dem Schuld
vertrage entspringt 126. Immer bleiben die Wirkungen des Rück
tritts auf das Schuldverhältnis beschränkt; dingliche Wirkungen
in Ansehung der durch die einzelnen Erfüllungsakte eingetretenen
Vermögensverschiebungen kann der Rücktritt nur haben, soweit
ihm durch Vertrag die Kraft einer auflösenden Bedingung für
die betreffenden Verfügungsgeschäfte beigelegt ist 127
Die Verpflichtung zur Rückgewähr erstreckt sich auf
alle empfangenen Leistungen; für Leistungen, die nicht in Natur
zurückgewährt werden können, wie für Dienste oder Überlassung
einer Sachbenutzung, ist ihr Wert zu vergüten oder, wenn im
Vertrage eine Gegenleistung in Geld bestimmt ist, diese zu ent
richten 128. Die Rückgewähr hat so zu erfolgen, dass nach Möglich
keit der Zustand hergestellt wird, der bestehen würde, wenn nicht
geleistet wäre; hinsichtlich der Verpflichtung zum Schadensersatz
und zur Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen, sowie hin
sichtlich der Gegenansprüche wegen Verwendungen steht der Rück
gewährpflichtige vom Empfänge der Leistung an einem herausgabe
126 So bes. Oertmann, Bl. f. R.A. LXIX 65 ff., sowie zu § 346 Vorbem. 2.
Ferner Planck, Vorbem. 1, Schollmeyer, Bem. 2, Kuhlenbeck b. Stau
dinger Vorbem. III 1, Cosack § 112, Kohler § 66 I, Kisch a. a. O. S. 134 ff.,
Enneccerus § 262 II; auch R.Ger. L Nr. 59 S. 266 ff. — Dabei führen
Manche (wie Oertmann, Schollmeyer, Siber b. Planck4 Vorbem. 1b)
lediglich den Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung durch, während
Andere (wie Planck3, Enneccerus, Kuhlenbeck) eine abweichende ge
setzliche Regelung der neuen Schuldverpflichtungen anerkennen.
126 Vgl. Hellwig, Anspruch S. 21 ff.; Kipp b. Windscheid S. 347;
Seckel, Gestaltungsrechte S. 222.
12’ Dies ist möglich, aber im Zweifel nicht anzunehmen; R.Ger. LIV
Nr. 87; Oertmann, Vorbem. 4; Enneccerus § 262 III. — Dazu Siber b.
Planck4 Vorbem. 1 a.
128 B.G.B. § 346 S. 2.