Full text: Deutsches Privatrecht (3)

Erstes Kapitel. Schuldverhältnisse überhaupt. 
152 
die Rückgabe des Schuldscheins kann er Zug um Zug gegen die 
Leistung fordern39. Für den Fall des Abhandenkommens des 
Schuldscheins gewährte das deutsche Recht schon seit der fränki 
schen Zeit dem erfüllenden Schuldner einen Anspruch auf Erteilung 
eines Todbriefes, durch den der Gläubiger die Schuld für erloschen 
und den Schuldschein für kraftlos erklärt4°. Hieran schlossen sich 
die neueren Gesetzbücher an *1. Nach dem B.G.B. kann der Schuld 
ner, wenn der Gläubiger behauptet, zur Rückgabe des Schuldscheins 
aufserstande zu sein, ein öffentlich beglaubigtes Anerkenntnis 
verlangen, dafs die Schuld erloschen sei 42 
Dieses Anerkenntnis 
hat die Kraft einer dispositiven Urkunde 43 
cautio aufzunehmen, Forsch. S. 524 ff. Vgl. ferner Preufs. A.L.R. I, 16 § 125; 
Ost. Gb. § 1428; Sächs. Gb. § 981; Schweiz. O.R. Art. 102 (88); B.G.B. § 371 
S. 1 und dazu Hedemann, Jahrb. f. D. XLVIII 63 ff. — Der Anspruch auf 
Rückgabe des Schuldscheins steht nur dem Schuldner, nicht gleich dem Quit 
tungsanspruch jedem Leistenden zu; a. M. Hedemann a. a. O. S. 74 ff. Er 
geht nur gegen den Gläubiger, nicht gegen den dritten Besitzer; a. M. Hede 
mann S. 69 ff. — Mit der Rückgabe verband sich im alten Recht meist die 
Entkräftung (Zerreifsung od. dgl.); Brunner, Forsch. S. 535ff. Nach Schweiz. 
O.R. Art. 102 (88) kann der Schuldner nur Rückgabe oder Entkräftung fordern. 
Bei Teilleistung tritt an Stelle des Rechtes auf Rückgabe des Schuldscheins 
stets das Recht auf Teilentkräftung des Schuldscheins durch Vermerk auf 
demselben; Österr. Gb. § 1428, Schweiz. O.R. Art. 102 (88)2 
39 Er hat daher ein Zurückbehaltungsrecht, kraft dessen er die Leistung 
bis zur Rückgabe verweigern kann. Doch wird damit nicht etwa der gewöhn 
liche Schuldschein zum Einlösungspapier und folgeweise Wertpapier; vgl. oben 
Bd. II 118 Anm. 55. Denn da der Schuldschein nur Beweisurkunde ist, kann 
der Schuldner den ohne das Angebot der Rückgabe erhobenen Anspruch nicht 
als unbegründet zurückweisen, sondern nur eben seinerseits einen Anspruch 
auf Rückgabe einredeweise geltend machen. Leistet er, ohne den Schuldschein 
zurückzuverlangen, so hat er gehörig erfüllt, kann jedoch nachträglich auf 
Rückgabe des Schuldscheins klagen. 
4° Vgl. über die fränkische epistola evacuatoria Brunner, Forsch. 
S. 537 ff., Grundz. S. 209; Beispiele in Form. Andegav. 18, Marculf. II, 35. Über 
lötung“ des Schuldbriefes im deutschen Mittelalter Behrend a. a. O. S. 25; 
vgl. auch Rechtsb. n. Dist. III, 11 d. 4. 
41 Preufs. A.L.R. I, 16 § 126—129 („Mortifikationsschein“). Schweiz. O.R. 
a. 105 (90): „Behauptet der Gläubiger, dass der Schuldschein abhanden ge 
kommen sei, so kann der Schuldner bei der Zahlungsleistung fordern, dals der 
Gläubiger die Entkräftung des Schuldscheins und die Tilgung der Schuld in 
einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre“. Vgl. auch Öst. Gb. 
§ 1428; Sächs. Gb. § 981. 
42 B.G.B. § 371 S. 2. Nach richtiger Auffassung handelt es sich um ein 
Recht des Schuldners, nicht des Gläubigers. Der Gläubiger kann nicht auf 
Grund unbewiesener Behauptung den Schuldner nötigen, sich mit dem Tilgungs 
anerkenntnis zu begnügen. Vielmehr behält der Schuldner das Recht auf
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer