§ 179. Beendigung der Schuldverhältnisse.
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Die Erfüllung kann aber auch, wie immer die Erfüllungs
handlung beschlossen sein mag, den Gegenstand eines selbständigen
Erfüllungsvertrages bilden 24. Ein solcher ist freilich nach
geltendem Recht nicht schon darin zu finden, dafs der Gläubiger
eine ihm zum Zweck der Erfüllung angebotene Leistung als Er
füllung annimmt; vielmehr wird dadurch, wenn er hinterher die
Leistung nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere
als die geschuldete Leistung oder unvollständig gewesen sei, nur
Anders aber
die Beweislast zu seinen ungunsten verschoben 25.
verhält es sich, insoweit der Gläubiger die ihm angebotene Leistung
als gehörige Erfüllung annimmt, somit seinen Willen erklärt.
dafs die Leistung als Erfüllung gelten soll. Damit ist ein Erfüllungs
vertrag geschlossen, der aus sich selbst die Kraft schöpft, die
Leistung zur Erfüllung zu stempeln. Ein solcher Vertrag kann
wegen eines Willenmangels nichtig oder anfechtbar sein. Insoweit
er aber in sich gültig ist, schliesst er ein Zurückgreifen auf den
Schuldinhalt aus. Alle etwaigen Abweichungen vom Schuldinhalt
sind gutgeheifsen. Dem älteren deutschen Recht durchaus geläufig.
hat der Gedanke des selbständigen Erfüllungsvertrages neuerdings
besonders im Handelsrecht seine Ausprägung gefunden 26. Er ist
aber auch im bürgerlichen Recht nicht zu entbehren?
Wer eine Schuld erfüllt, hat ein Gegenrecht auf Quittung28
24 Der durch Angebot und Annahme einer Leistung als Erfüllung ge
schlossene Erfüllungsvertrag ist scharf von dem Vertrage, durch den erfüllt
wird, zu unterscheiden. Er kann geschlossen werden, wenn die Erfüllungs
handlung selbst keinerlei Vertragsnatur aufweist, und kann fehlen, wenn die
Erfüllungshandlung in Übereignung oder einem anderen Vertragsschlüsse besteht.
25 B.G.B. § 363; R.Ger. LXVI Nr. 65, LXX Nr. 9.
26 Auf ihm beruhen vor allem die Wirkungen der kaufmännischen
„Empfangnahme“, zu der beim Handelskaufe der Käufer verpflichtet ist; vgl.
meine Grundz. des H.R. in der Enzykl. von Holtzendorff-Kohler III 95.
27 In unzähligen Fällen liegt in der Annahme des Gläubigers, wenn ihr
kein Vorbehalt zugefügt wird, eine Gutheissung von Abweichungen, die der
Gläubiger nicht hätte zu dulden brauchen. Ohne weiteres wird dies z. B.
anzunehmen sein, wenn der Gläubiger die Leistung am ungehörigen Orte oder
zu ungehöriger Zeit annimmt. Eine Verpflichtung des Gläubigers zur rechts
geschäftlichen Annahmeerklärung begründet das B.G.B. § 6402 in gewissem
Umfange beim Werkvertrage.
28 Vgl. Cohn a. a. O. S. 1019 ff. Dilloo, Die Quittung im Recht und
im Verkehr, Berlin 1895. R. Behrend, Beiträge zur Lehre von der Quittung,
Leipzig 1896. G. Dryander, Die rechtliche Bedeutung der Quittung, Greifs
wald 1899. Hedemann, Jahrb. f. D. XLVIII 63 ff. Bülow ebd. LIX 1 ff.
W. Lacmann, Arch. f. b. R. XXXI 45 ff.