§ 179. Beendigung der Schuldverhältnisse.
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vor, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt
wird. Ein dauerndes Schuldverhältnis ist, da die geschuldete
Leistung in einem kontinuierlichen oder wiederkehrenden Verhalten
besteht, auf fortlaufende Erfüllung angelegt und geht daher, wie
oben bereits gezeigt ist, durch Erfüllung nicht unter3. Jedes vor
übergehende Schuldverhältnis aber erlischt durch Erfüllung. Denn
es hat nunmehr sein Lebensziel erreicht, da der Gläubiger be
kommen hat, was er bekommen sollte. Dies gilt auch für die
einzelnen vorübergehenden Schuldverhältnisse, die einem dauernden
Schuldverhältnis entspringen.
Erfüllung ist Leistung an den Gläubiger. Gleiche Wir
kung hat die Leistung an den Vertreter des Gläubigers. Aber
auch die Leistung an jeden Dritten wirkt als Erfüllung, wenn sie
mit Einwilligung des Gläubigers erfolgt oder von diesem nach
träglich genehmigt wird oder auf Grund einer Gesamtnachfolge
anerkannt werden muss“. Durch Vertrag kann in den Schuld
inhalt selbst die Erfüllbarkeit zu Händen eines dritten Leistungs
empfängers aufgenommen werden5. In dem Umfange, in dem mit
dem äufseren Schein der Berechtigung eine Legitimation zur Aus
übung des Gläubigerrechts verknüpft ist, wirkt auch die Leistung
an den Nichtberechtigten als Erfüllung6.
Zur Erfüllung verpflichtet ist der Schuldner. Allein nicht
darauf kommt es an, dafs der Schuldner leistet, was er leisten
soll, sondern nur darauf, dafs der Gläubiger bekommt, was er be
kommen soll'. Hat der Gläubiger alles empfangen, was ihm ge
3 Vgl. oben § 176 II 7 S. 87 ff. B.G.B. § 362' ist daher zu weit gefasst.
4 B.G.B. § 3622. Vgl. Sächs. Gb. § 691.
5 Fall des „solutionis causa adjectus“ (Zahlstelle). Dann hat der Schuldner
ein festes Recht auf Leistung an den Dritten. Vgl. Sächs. Gb. § 692. Doch
erlischt dieses Recht nicht bloss durch Tod des Dritten, sondern auch, wenn
der Gläubiger auf Grund des Eintritts von Umständen, infolge deren die Leistung
an den Dritten seine Forderung gefährden würde, die Ermächtigung widerruft.
Vgl. Preufs. A.L.R. I, 16 § 31 ff., wo zum Teil nur ausgesprochen wird, was
auch heute aus dem Prinzip von Treu und Glauben folgt.
6 So kraft der Legitimation durch ein Wertpapier (oben Bd. II 119, 138 ff.,
154, 172 ff.), durch das Grundbuch (ebd. S. 330), durch Sachbesitz (B.G.B. § 851),
durch Erbschein (B.G.B. § 2363), sowie in den Fällen, in denen nach Abtretung
einer Forderung noch an den bisherigen Gläubiger (B.G.B. § 407) oder bei un
wirksamer Abtretung an den scheinbaren neuen Gläubiger (B.G.B. § 408) wirk
sam geleistet werden kann.
Dies entspricht dem germanischen Begriff der selbständigen Gläubiger
schuld, die freilich ihr notwendiges Korrelat in einer Schuldnerschuld hat
(oben § 174 S. 11 Anm. 9), allein in ihrem objektiven Gehalt von dieser unabhängig
Binding, Handbuch. II. 3. III: Gierke, Deutsches Privatrecht. III.