Erstes Kapitel. Schuldverhältnisse überhaupt.
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Eigentumsanspruch insoweit nicht zur Anwendung, als aus dem
besonderen Schuldverhältnis sich zugunsten des Gläubigers ein
Anderes ergibt.
§ 179. Beendigung der Schuldverhältnisse.
I. Überhaupt. Ein Schuldverhältnis endet, wenn das von
ihm
gesetzte rechtliche Sollen wegfällt, somit der Schuldner nichts
mehr leisten und der Gläubiger nichts mehr bekommen solli
Der Beendigung fähig ist jedes einzelne Schuldverhältnis;
jede in einem besondern Anspruch wirksame Forderung und jede
zu einer besonderen Leistung verpflichtende Schuld kann für sich
erlöschen.
Bei zusammengesetzten Schuldverhältnissen aber treten
zu den Beendigungsgründen der einzelnen Forderungen Beendi
gungsgründe hinzu, die das Schuldverhältnis als Ganzes treffen.
Das Schuldverhältnis als Ganzes kann fortbestehen, wenn einzelne
ihm entspringende Forderungen erlöschen. Es kann aber auch
umgekehrt beendigt werden und damit seine Wirkungskraft für
die Zukunft einbüßen, während einzelne ihm entstammende Forde
rungen noch bestehen.
II. Erfüllung2. Der normale Beendigungsgrund aller vor
übergehenden Schuldverhältnisse ist die Erfüllung. Erfüllung liegt
i Keine Beendigung liegt im blossen Wegfall der Haftung. Selbst die
Versagung des Klagerechts läfst ein freilich unvollkommenes Schuldverhältnis
bestehen. Wird die Geltendmachung der Forderung nur durch Gewährung
eines Einrederechts ausgeschlossen, so tritt die Schwächung des Schuldverhält
hisses überhaupt nur in die Erscheinung, falls der Schuldner sein Gegenrecht
gebraucht. Durch ein vorübergehendes Einrederecht büßst die Forderung nur
zeitweise ihre Kraft ein. Aber auch durch eine dauernde (peremtorische) Ein
rede wird sie nur gelähmt, nicht vernichtet. Doch wird in bestimmten Fällen
eine derartige Forderung so behandelt, als wenn sie nicht mehr bestände;
B.G.B. § 8131, 886, 1169, 1254. Davon macht aber wieder, abgesehen vom Falle
des § 886, die verjährte Forderung eine Ausnahme.
2 Über älteres germanisches (nordisches) Recht v. Amira, O.R. I 433 ff.,
II 485 ff. — Über röm. u. gem. R. Brinz II § 290; Windscheid II § 342 ff.;
Dernburg, Pand. II § 55 ff. Ferner unter Einbeziehung der neueren Gesetz
bücher Gruchot, Die Lehre von der Zahlung der Geldschuld, 1871; Römer,
Beiträge zur Lehre von der Erfüllung der Obl., 1877. Mit Rücksicht auf die
Zahlung im Handel Goldschmidt, Handb. § 102 ff.; G. Cohn in Endemanns
Handb. III 998 ff. — Über das geltende deut. R. Stammler S. 214 ff.: Ende
mann § 141; Cosack § 108; Matthiafs § 92; Crome § 182 ff.; Landsberg
§ 106; Dernburg § 113ff.; Kohler II 1 § 70 ff.; Enneccerus § 283 ff.;
Kretschmar, Die Erfüllung, T. I, 1906; Schöninger, Leistungsgeschäft,
1906, S. 86 ff.; Böhmer, Erfüllungswille, 1910; Komm. zu B.G.B. § 362—371.