Full text: Deutsches Privatrecht (3)

Erstes Kapitel. Schuldverhältnisse überhaupt. 
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Schuldners betroffen waren, galt der Schade als Folge mangelnde 
Sorgfalt des Schuldners oder als unverschuldetes Unglück8. Auch 
die Berufung auf Zufall befreite bei vielen Schuldverhältnissen den 
Schuldner nicht von der Ersatzpflicht; der Grund hierfür aber lag 
in der von der Schuldfrage unabhängigen Überwälzung der Gefahr 
auf den Schuldner°. Als das römische Recht eindrang, nach dem 
der Schuldner grundsätzlich nur für Verschulden haftete, diese 
Haftung aber bei den verschiedenen Arten der Schuldverhältnisse 
nach Graden des Verschuldens abgestuft war, wurden einzelne 
deutschrechtliche Sätze festgehalten *°. Damit stand es im Zu 
sammenhange, dafs die Doktrin neben dem Begriff des dolus nicht 
blofs die beiden römischen Begriffe der lata culpa und levis culpa 
verwandte, sondern als dritten Grad die culpa levissima hinzu 
fügte11. Diese Dreiteilung der culpa ging in die älteren Gesetz 
bücher über12. In neuerer Zeit aber erfolgte allgemein die Rück 
kehr zu dem römischen Schema, so dass nur Vorsatz, grobe Fahr 
lässigkeit und Fahrlässigkeit schlechthin unterschieden werden 13 
8 L. Wisigoth. V 5 § 3, 5; l. Bajuv. XIV 2; Fries. Landr. II b. Richt 
hofen S. 66; Jüt. Low II 114; Rsb. n. D. III 17 d. 17. Dazu c. 2 X de depos. 
III 16. Später leitete man aus dem objektiven Tatbestande oft nur eine Ver 
mutung gegen oder für Anwendung gehöriger Sorgfalt her. Manche Quellen 
lassen den Mitverlust eigner Sachen schlechthin als Entschuldigung gelten, 
gestatten aber andernfalls den Beweis der Schuldlosigkeit durch Eid; Augsb, 
Stat. Art. 212, revid. Lüb. R. III 3, 1. Andere verlangen auch bei Mitverlust 
von eignem Gut noch einen Unschuldseid; Hamb. Stat. v. 1270 XII, 12, Magd. 
Fr. II 7 d. 1, Münch. Stadtr. Art. 92. Vielfach wird ausdrücklich als Grund 
satz ausgesprochen, daßs man fremde Sachen nicht besser als eigne zu be 
wahren braucht. Dagegen verlangt Schwabsp. (L.) c. 201e u. 258a vom Ver 
wahrer, dals er die fremde Sache besser als das eigne Gut behüte. — Näheres 
b. Stobbe, Vertragsr. S. 217, 219 ff., 248, 257, 259, 291 ff. 
9 Vgl. unten zu IV. S. 126. 
10 So wurde die Haftung des Verwahrers im Falle unentgeltlicher Auf 
bewahrung auf diligentia quam suis ausgedehnt und hierbei an den alten Mass 
stab (oben Anm. 8) angeknüpft; Stobbe, Vertragsr. S. 221, 222 Anm. 10, 291. 
Ferner wurde in den Fällen, in denen der Schuldner nach deutschem Recht 
für Zufall haftete, eine strengere Haftung, als sie dem römischen Recht ent 
sprach, festgehalten; Stobbe, Vertragsr. S. 229 ff., 238 ff. 
11 Denn eine Haftung für culpa levissima wurde vornehmlich da an 
genommen, wo das deutsche Recht für Zufall haften liefs; Stobbe, Vertragsr. 
230, 238, D.P.R. § 230 II 1. 
12 So in die beiden ersten Württ. Landr. (vgl. Wächter II 384 ff.), das 
Solmser Landr., das Bayr. L.R. IV, 1 § 20 und noch das Preufs. A.L.R. I, 3 
§ 17 ff., I, 5 § 277 ff. 
13 So schon Code civ. a. 1137 mit a. 804; vgl. Crome, Die Grundlehren 
des französ. Obligationenrechts § 11 III. Österr. Gb. § 1294—1298 mit § 1324.
	        
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