Full text: Deutsches Privatrecht (3)

§ 176. Inhalt der Schuldverhältnisse. 
Ersatzpflicht kann vertragsmäßig eingeschränkt werden und ist 
bei manchen Schuldverhältnissen durch gesetzliche Vorschriften 
enger begrenzt66. Dagegen kennt das geltende deutsche Recht 
nicht die im preufsischen Landrecht und in anderen älteren Gesetz 
büchern durchgeführte grundsätzliche Abstufung des Umfanges des 
Schadensersatzes nach dem Grade des dem Ersatzpflichtigen zur 
Last fallenden Verschuldens“?. Ebensowenig erteilt es gleich dem 
schweizerischen Recht dem Richter eine generelle Ermächtigung, 
mit Rücksicht auf die Größe des Verschuldens und auf sonstige 
Umstände den Umfang des Schadensersätzes ungleich zu be 
messen 
bei Vorsatz oder grobem Versehen vorschreibt (I, 5 § 285, 1, 6 § 9—11), im 
übrigen dagegen regelmässig nur für „wirklichen Schaden“ haftbar macht (I, 5 
§ 288 mit den Ausnahmen in § 289—291, sowie I, 6 § 12), jedoch im Falle einer 
unerlaubten Handlung bei mässigem Versehen unter Einbeziehung von gewissem 
entgangenen Gewinn (I, 6 § 13—14). Ähnlich das Ost. Gb. § 1323—1324, das 
die „eigentliche Schadloshaltung“ und die „volle Genugtuung“ unterscheidet, 
und nur die letztere, die nur im Falle eines aus böser Absicht oder aus einer 
auffallenden Sorglosigkeit verursachten Schadens geschuldet wird, auch auf 
den entgangenen Gewinn erstreckt. 
66 So namentlich durch die Bemessung des Schadensersatzes für den Ver 
lust oder die Beschädigung von Frachtgut nach dem gemeinen Wert gemäls 
H.G.B. § 430, 457, 611—613, sowie durch die Beschränkungen der Ersatzpflicht 
auf Höchstbeträge nach Eisenbahnfrachtrecht gemäss H.G.B. § 461—466. Doch 
bleibt hier überall in den Fällen des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit 
der Anspruch auf Ersatz des vollen Schadens vorbehalten. 
67 Oben Anm. 64—65; Zürch. Gb. § 997, 1000, 1004. Vgl. indes die in 
der vor. Anm. angef. handelsrechtlichen Ausnahmen. 
68 Nach dem neuen schweiz. O.R. a 43—44, 993 hat der Richter bei Fest 
setzung der Grösse des Schadensersatzes sowohl die Umstände wie die Größse 
des Verschuldens zu würdigen; er kann die Ersatzpflicht auf Grund der Ein 
willigung oder einer Mitverantwortlichkeit des Geschädigten ermälsigen oder 
gänzlich von ihr entbinden; ermässigen kann er sie auch, wenn der Ersatz 
pflichtige durch volle Ersatzleistung in eine Notlage versetzt würde, dies jedoch 
nur dann, wenn weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Die Be 
stimmungen weichen von denen des alten O.R., das die Ersatzpflicht aus un 
erlaubten Handlungen (a. 51) und wegen Nichterfüllung einer Schuldverpflichtung 
(a. 116) verschieden behandelte, mehrfach ab. — Dass, wie Dernburg § 2 
meint, dem deutschen Richter durch Z.P.O. § 287 eine ähnliche Freiheit ge 
währt wäre, kann nicht zugegeben werden. Nur über den Umfang des ent 
standenen Schadens, nicht über den Umfang des zu leistenden Schadensersätzes 
hat er nach freiem Ermessen zu entscheiden. Nicht ausgeschlossen freilich ist, 
dafs er bei der Entscheidung der Verursachungsfrage den Grad des Verschuldens 
mitsprechen lässt und auf diesem Wege zu einer Ermässigung unbilliger An 
sprüche gelangt. Ist aber der Kausalzusammenhang nicht zweifelhaft, so muls 
er auf vollen Ersatz des als verursacht festgestellten Schadens erkennen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer