Full text: Deutsches Privatrecht (3)

938 Drittes Kapitel. Schuldverhältnisse aus unerlaubten Handlungen. 
zufügung durch das Tier verursacht hat“. Nach manchen Quellen 
haftet auch, wenn sich das Tier bei der Schadenszufügung in 
der Hut eines Bediensteten des Herrn befindet, in erster Linie 
der Aufsichtspflichtige und nur subsidiär der Herr'. Regel 
mässig aber kann der Herr, wenn er nicht selbst bei der 
Tierestat mitgewirkt hat, sich durch Auslieferung des schuldigen 
Tieres der Verantwortlichkeit entschlagen8. Doch wird er vielfach 
auch dadurch nur vom Ersatz des vollen Schadens befreit, während 
er zum Teilersatz verpflichtet bleibt°. Nach manchen Quellen 
verliert er das Auslieferungsrecht, wenn er das Tier, nachdem er 
von dessen Missetat Kenntnis erlangt hat, wieder in seine Gewere 
nimmt, es haust und füttert *. Dann lädt er die Schuld auf sich 
und haftet wie für eigne Tat. Die Auslieferung zielte ursprünglich 
auf Vollzug der Rache am schuldigen Tiere ab, ging dann aber 
mehr und mehr in ein Mittel der Ersatzverschaffung aus dem 
Werte des Tieres über**. Unbedingt haftet, wer ein bösartiges 
Haustier oder ein (wennschon gezähmtes) wildes Tier hält, für 
den Schaden, den das Tier während der Zeit, in der er es hält, 
anrichtet *2. Hier beruht offenbar die Haftung des Tierherrn von 
6 Beispiele bei Stobbe-Lehmann Anm. 5. 
7 Sachsensp. II, 40 § 4, III, 49; andere Stellen bei Stobbe-Lehmann 
Anm. 9. 
8 Das Auslieferungsrecht ist schwerlich, wie Brunner, Isay u. A. an 
nehmen, erst jüngere Bildung, sondern uraltes Recht; Schuld und Haftung 
S. 16 Anm. 13. Nach manchen Volksrechten jedoch befreit die Auslieferung 
nur von den Straffolgen; ebd. Anm. 15. Immer fehlt das Auslieferungsrecht 
dem Herrn, der durch eigenes Unterlassen oder Tun den Schaden — wenn 
auch schuldlos — mitverursacht hat; Hammer a. a. O. S. 95. 
9 Schuld und Haftung S. 17 Anm. 16, Stobbe-Lehmann Anm. 4, 
His S. 44. 
10 Vgl. bes. Sachsensp. II a. 40; dazu die ähnlichen in Schuld und Haftung 
S. 17 Anm. 17 angef. Stellen. 
11 In ähnlicher Weise, wie im Falle der Viehpfändung die durch Nicht 
einlösung vollzogene Dereliktion; oben Anm. 2. Am deutlichsten zeigt dies 
die Bestimmung des Sachsensp. II, 40 § 4, nach der der Tierherr, wenn er nur 
wegen Unzulänglichkeit der Haftung des Tierhüters haftet, die Wahl hat, den 
Schaden bis zur Höhe des Wertes des Tieres (und bei Zugtieren des Wagens) zu 
ersetzen oder das Tier (nebst Wagen) dem Geschädigten zum Ersatz zu über 
lassen. In den Quellen des späteren Mittelalters und namentlich der Rezeptions 
zeit nähert sich das Auslieferungsrecht, zumal wenn es uneingeschränkt ge 
währt wird, mehr und mehr der römischen noxae datio an; Stobbe-Lehmann 
Anm. 18—19. Auch der Satz „noxa sequitur caput“ hat sich unabhängig vom 
römischen Recht im deutschen Recht entwickelt; Rsb. n. Dist. II, 8 d. 4, Ditmars. 
L.R. v. 1447 § 105.
	        
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