880 Drittes Kapitel. Schuldverhältnisse aus unerlaubten Handlungen.
leistung an den Verletzten gerichtetes Schuldverhältnis begründet
wird.
1. Der Begriff gehört dem Privatrecht an. Er kenn
zeichnet eine Handlung als Entstehungsart eines privaten Forde
rungsrechts. Somit unterscheidet er sich scharf von dem öffent
lichrechtlichen Begriff der strafbaren Handlung, die einen öffentlichen
Strafanspruch erzeugt. Eine unerlaubte Handlung kann straflos
sein (z. B. fahrlässige Sachbeschädigung), eine Straftat, die keinen
Eingriff in eine Privatrechtssphäre enthält (z. B. Verbrechen oder
Vergehen wider die Staatsgewalt oder erfolgloser Versuch), ist
keine unerlaubte Handlung. In sehr weitem Umfange aber sind
dieselben Handlungen gleichzeitig strafbare und unerlaubte Hand
lungen. Dann treten die strafrechtlichen und privatrechtlichen
Folgen nebeneinander ein.
Die Verselbständigung des Begriffes der unerlaubten Handlung
ist eine geschichtliche Errungenschaft. Im deutschen
Recht gab es ursprünglich infolge der innigen Verflechtung des
Privatrechts mit dem Strafrecht nur einen einheitlichen Begriff
der Missetat, so dafs, wenn ihr eine Bufsschuld gegen den Ver
letzten entsprang, durch diese die öffentliche Strafe aufgezehrt
und ersetzt wurde. Schon im Mittelalter aber erfolgte gegenüber
von Nachdruck und Wildschaden handelt). Eingehend Stobbe § 199 ff. (b.
Lehmann § 258 ff.). R. Hübner2 § 89 (mit 77). Vgl. ferner die oben § 176
S. 73 Anm. 43 angef. Schriften von A. B. Schmidt und O. Hammer. Auch
Brunner, über absichtslose Missetat im deut. Strafr., 1890 (Forsch. S. 487 ff.)
v. Schwerin, R.G.2 S. 122. Nord. R. bei v. Amira I § 54 ff., 92 ff., II § 43ff.
86 ff. — Röm. R.: Windscheid § 326, 451 ff. Dernburg, Pand. § 129 ff.
Pernice, Labeo 2 II 1 ff. v. Ihering, Jahrbuch f. D. IV 1 ff. — Preufs. R.:
Förster-Eccius I § 89 ff. Dernburg II § 294 ff. — Französ. R.: Zacha
riae-Crome II § 413 ff. — Österr. R.: Krainz-Pfaff-Ehrenzweig
326, 391 ff. — Bürg. R.: v. Liszt. Die Deliktsobligationen im System des
B.G.B., 1898. Linckelmann, Die Schadensersatzpflicht aus unerlaubten
Handlungen nach dem B.G.B., 1898. Schollmeyer S. 218 ff. Kipp b. Wind
scheid S. 947 ff. Cosack § 163 ff. Dernburg II 2 § 382 ff. Endemann
§ 202 ff. Kohler § 172 ff. Landsberg § 157 ff. Matthiafs § 142 ff.
Crome § 324 ff. Enneccerus § 449 ff. Komm. zu B.G.B. § 823 ff., bes.
Planck, Staudinger, Oertmann. — Speziell über den Begriff der un
erlaubten Handlung: Eltzbacher, Das rechtswirksame Verhalten S. 274 ff.
Zitelmann, Intern. Privatr. II 465 ff. — Über den Begriff der Widerrecht
lichkeit: Zitelmann, Arch. f. ziv. Pr. IC 1 ff. Hold v. Ferneck, die Rechts
widrigkeit, 1903 ff. — „Über den Begriff der Rechtsverletzung“ Kipp in
Berliner Festgabe für mich, 1910 II 1 ff. — Über „Das subjektive Recht im
Gebiete der unerlaubten Handlung“ R. Schulz-Schaeffer, Bd. I 1915; dazu
H. Lehmann, Z. f. H.R. LXXVIII 529 ff.