Full text: Fuchs, Eugen: ¬Das Wesen der Dinglichkeit

Wesen der Dinglichkeit. 
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papiere einerseits die selbständigen Gerechtigkeiten andererseits, wie 
dort das Forderungsrecht sich in einer beweglichen Sache verkörpert, 
hier ein dem Grundstücke analoges Rechtsgut geschaffen ist, ist oben 
S. 43 erörtert worden. Daß die deutsche Rechtsanschauung ferner 
die Tendenz verfolgt, Sach- und Rechtsgesammtheiten, welche wirth 
schaftlich als Einheiten gelten, *) auch als rechtlich einheitliche Objekte, 
als corpus im Rechtssinne aufzufassen, soll unten noch behandelt 
werden. Mag die herrschende gemeinrechtliche Theorie, die römischer 
als die Römer ist, die Sachgesammtheit und den Inbegriff einzelnen 
Quellenstellen zum Trotz in eine Summe von einzelnen Sachen und 
Rechten auflösen, wer wird heut einer rechtlichen Auseinanderreißung 
des Gutes, der Handelsniederlassung des Seevermögens um des 
wegen das Wort reden, weil das Wesen der Dinglichkeit sich nur 
an der res unita oder composita bethätigen kann! wer will be 
haupten, daß die römischen Juristen, wenn sie alle jene Rechtsgüter 
gekannt hätten, wie sie der heutige Verkehr und die heutige Kultur 
gezeitigt hat, daran festgehalten hätten, nur dem Genuß der körper 
lichen Sache absoluten Schutz zu verleihen! 
Wie auch die Romanisten die Frage beantworten mögen, 
deutsche Gesetzgeber aber, die römisches und deutsches Recht mit 
einander zu versöhnen, zwischen der Starrheit römischer und der 
Flüssigkeit deutscher sachenrechtlichen Begriffe die Mitte zu halten 
haben, werden von den römischen Juristen das juristische Denken 
lernen, aus dem deutschen Volksleben aber das Leben und seine 
Bedürfnisse zu erkennen suchen. Mag man den römischen Juristen 
das Prinzip entnehmen, daß absoluter Klageschutz regelmäßig nur 
dem erkennbar gewordenen Rechte von der Rechtsordnung zu ge 
währen ist; da wir aber andere Mittel der Erkennbarkeit und andere 
Rechtsgüter haben, die absoluten Schutz bedürfen, ohne körperlich 
zu sein, so muß sowohl der alte enge Sachbegriff, als auch der 
romanistische Dinglichkeitsbegriff fallen, der lediglich aus der zu 
fälligen Coincidenz von Sachgenuß und absolutem Klageschutz seine 
Daseinsberechtigung schöpft. 
II. Das haben die Redaktoren des preußischen Allgemeinen 
Landrechts gefühlt, als sie in genialer Versöhnung römischen Rechts 
mit deutsch-nationalen Lebensbedürfnissen die Sätze aufgestellt haben; 
1) Hierüber insbesondere Dernburg Bd. 1 §. 60.
	        
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