Full text: Fuchs, Eugen: ¬Das Wesen der Dinglichkeit

Dinglichkeitsbegriff. 
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schende Auffassung dazu, das Wesen der Dinglichkeit in dem Inhalte 
des Rechtes selber zu erblicken. 
c) „Das Wesen der Dinglichkeit liegt, so heißt es Bd. III S. 2 
wörtlich, in der unmittelbaren Macht der Person über die Sache. 
Darauf, ob die Macht von dem Berechtigten selbst oder nur in 
einem von den Organen der Rechtsordnung geleiteten Verfahren 
ausgeübt werden darf, ist kein Gewicht zu legen. Entscheidend ist 
nur, daß das Recht sich ohne den Willen eines Anderen zu bethä 
tigen vermag, daß das Vorhandensein eines Verpflichteten nicht er 
fordert wird. Hieraus folgt zugleich, daß dingliche Rechte nur statt 
finden können an Sachen im eigentlichen Sinne, an körperlichen 
Dingen. Ueber Dinge, welche nur in der Vorstellung bestehen, 
namentlich über Sachgesammtheiten und Rechte, läßt sich eine reale 
Macht nicht üben." 
Es fragt sich, ob das richtig ist und ob das richtig sein kann, 
und ich meine, daß die Frage verneint werden muß. 
1. Reale Herrschaft über Sachen, die sich bethätigt auch ohne 
den Willen eines Andern, auch ohne das Vorhandensein eines Ver 
pflichteten, ist überhaupt kein Recht; es giebt nur eine reale un 
mittelbare Herrschaft über die Sache und diese ist der Besitz im 
Sinne der physischen Kraft (Detention, Inhabung). Wäre Ding 
lichkeit wirklich reale Herrschaft über Sachen, dann könnte es in der 
Rechtsordnung nur ein dingliches Recht, nämlich den Besitz, die 
„Inhabung" geben. Wirklich hat sich denn auch ein Schriftsteller!) 
gefunden, der den Besitz nicht blos für „ein Recht", sondern für 
das „einzige Recht" auf die Sache hält. Die Besitztheorie von 
Lenz hat eine vernichtende Kritik erfahren und die Wissenschaft hat 
sie kaum ernst genommen.?) Und doch ist das Facit, zu dem Lenz 
gelangt, nicht ein Fehler 
seiner Konklusion, sondern lediglich eine 
Folge der Vertrauensseligkeit, mit der er sich dem Dogma von der 
Dinglichkeit als der realen Herrschaft über die Sache hingegeben 
hat. Der Schluß, den Lenz zieht, ist folgerichtig, aber die Prämisse 
ist falsch. Reale Herrschaft über Sachen, Besitz im Sinne von realer 
Gewalt ist nicht Recht, sondern ein Faktum, das, vom Rechte ab 
*) Lenz, Das Recht des Besitzes und seine Grundlagen. 
1860, S. 77 ff. 
2) Vergl. die Kritik von Esmarch in der kritischen Vierteljahrsschr. IV 
S. 190fg. und von Windscheid in der 3. Aufl. I S. 410.
	        
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