Dinglichkeitsbegriff.
unter Umständen nur mit Hülfe der militärischen Macht') durchgesetzt
werden und kein Bürger den Monarchen, d. i. den höchsten Inhaber der
militärischen Gewalt zur Gewährung militärischer Hülfe zwingen und
wegen der Versagung derselben zur Verantwortung ziehen kann. 2) Denn
mag auch der Monarch strafrechtlich von jeder Verantwortung frei sein,
ob man ihn auch von jeder civilrechtlichen Regreßpflicht lossprechen
würde, ist noch zu erweisen. Widersetzt sich aber der Souverän der
Exekution eines Schadensersatzanspruches, und ist er beispielsweise
durch Unterstützung der militärischen Macht stark genug, seinen
Widerstand durchzusetzen, dann fehlt dem Berechtigten nicht die Er
zwingbarkeit in potentia, sondern in actu; dann entfällt das Recht
des Berechtigten, weil der Staat, der Träger der Rechtsordnung,
nicht mehr funktionirt, die Rechtsgemeinschaft in sich zerfällt. Dann
zeigt es sich, daß eine machtlose Rechtsordnung dem Berechtigten
Rechte verliehen hat, und wer Macht nicht hat, kann Macht nicht
gewähren.
Mag sonach also die Erzwingbarkeit zum Wesen des Rechtes
gehören, darin hat Thons) Recht, daß die Mittel der Exekution nicht
über die Qualität des vollstreckten Rechts entscheiden. „Das Stadium
der Zwangsvollstreckungt) ist ein exzeptionelles, von ihm aus darf
nicht auf die ursprüngliche Natur des Rechts geschlossen werden,
das sehr wichtige Moment der rechtskräftigen Verurtheilung liegt
dazwischen.*)" In dem römischen Obligationenrecht besteht aller
dings zwischen dem Inhalte des Obligationenrechts und der Art
seiner
Exekution eine auffallende Harmonie; denn der Inhalt des
obligatorischen Rechts ist Herrschaft über den Willen, d. i. die mensch
liche Freiheit, und die altrömische Exekution des obligatorischen
Rechts führt nicht etwa zur Sachenpfändung, sondern ganz konse
quent zur Schuldknechtschaft. Aber diese Harmonie ist doch wohl
nur zufällig, und man muß sich hüten, den Gedanken weiter zu
fruktifiziren. Denn da bei dem Andringen mehrerer Gläubiger diese
das Recht haben, den Schuldner in partes zu seziren, so würde
man schließlich jede altrömische Obligation zum Scheine des Shy
lock, d. h. zu einem Recht auf Menschenfleisch stempeln können.
1) §. 678 C.-P.=O.
2) Thon S.
3) S. 316.
*) So Förster=Eccius III S. 6.