Wesen der Dinglichkeit.
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Zustandes — also so wie sie steht und liegt — dem Berechtigten die
Vortheile seines Rechtes gewährt, so liegt es nahe, die römischen
dinglichen Rechte als Sachenrechte im Sinne von Sachgenuß-, Sach
besitzrechten zu charakterisiren und sie den obligatorischen d. i. den
Leistungsrechten gegenüberzustellen. Aber die Gegensätze decken sich
nicht, wie Heusler u. A. annehmen (s. S. 37). So lange es
servitutes in non faciendo und die hypotheca nicht gab, hätte man
die Identifizirung von dinglichen und Sachenrechten vertheidigen
und damit das Dogma von der Dinglichkeit als der unmittelbaren
Herrschaft über die Sache zur Noth aufrecht erhalten können. Denn
dann war wenigstens das realisirte Recht eine unmittelbare Herr
schaft über die Sache.
Aber schon die servitus in non faciendo — die zwar
älter als die Hypothek, vielleicht aber jünger als die übrigen
Servituten ist — fügt sich diesem Dogma nicht, und seit ihrer
Anerkennung als eines dinglichen Rechts kann man in dem Gegensatze
der römischen dinglichen und obligatorischen Rechte nicht mehr den
Gegensatz von Sachen- und Leistungsrechten sehen; denn oben ist aus
geführt, daß die servitus in non faciendo nicht mehr ein Sachenrecht
ist, nicht mehr die Befugniß gewährt, selbsthandelnd auf das Objekt
des Rechts einzuwirken, sondern lediglich eine Herrschaft über den
Willen des Sacheigenthümers ist. Hier wird nicht erst der Störer des
Rechts, sondern schon der Gewährer (Begründer) in einem Zustande fort
dauernder Willensunfreiheit erhalten; allerdings wird von dem Ver
pflichteten nur passives Verhalten verlangt, und die Analogie mit den
Sachgebrauchsrechten wenigstens noch insoweit aufrecht erhalten, daß
die Widerstandslosigkeit des Gegners das Interesse des Berechtigten
erschöpft. So lange es daher keine dingliche hypotheca gab, konnte
man in der Verpflichtung zur Widerstandslosigkeit das Kriterium
des dinglichen Rechts erblicken.
Aber auch dieses Moment entfällt mit der Verdinglichung
der hypotheca; hier hat der Pfandgläubiger an sich kein Recht
auf den Besitz, keine Befugniß, selbsthandelnd auf das Objekt des
Rechts einzuwirken. Der Schuldner darf die Sache haben und
besitzen; der Gläubiger hat nur das Recht, ihre Herausgabe zu
dem Zwecke der Verwerthung zu verlangen; nicht erst der Störer,
sondern schon der Begründer des Rechts ist hier zu einem positiven
Leisten verpflichtet, und dieses positive Leisten ist hier nicht anders