IV
Kaste, der übrigen Gesammtheit der Nation ein Geheim
niß zu bleiben. Mit der Kunde der Gesetze fällt das Miß
trauen des Verurtheilten hinweg, der Richter möge ihn nach
Willkür verurtheilt haben, und der Gläubiger weiß, wie
weit er im Zutrauen gehen darf, unter welchen Voraus
setzungen er Schutz in seinem Rechte begehren, und wie
bald er auf thätige Hülfe rechnen darf.
Zu jener Einfachheit rechne ich beyspielsweise, daß alle
Bewohner eines Bezirks denselben Richter haben, daß er
über alle Rechtsstreitigkeiten derselben zu erkennen hat, daß
alle streitige Rechtssachen demselben Verfahren unterliegen
daß alle Fristen von gleicher Dauer sind.
Nächst der Einfachheit darf nur die Zweckmäßig
keit bey Einrichtung einer Gerichtsverfassung und eines
gerichtlichen Verfahrens zum Leitfaden dienen. Beyde dür
fen nicht das Product einer philosophischen Speculation,
beyde müssen aber auf die Erfahrung mit umfassender Weis
heit gebaut seyn. Bey allen Völkern der gebildeten Welt
muß diese Erfahrung gesammelt werden, keins ist voll
kommen in der Gesetzgebung, und keins ohne Vorzüge dar
in, die den übrigen abgehen. Der größte Vorzug der
Gesetzgebung eines Volks aber ist es, das Gute zu benutzen,
wo es sich findet. Lernen kann man selbst von Feinden; der
Verstand hat mit dem Herzen nichts gemein! Einst haßte