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Beziehung als Protestant zu nehmen und es wäre
ein Eingriff in die gewährleistete Gleich
berechtigung der protestantischen Reli
gion, würde man den Protestanten nicht
ausschliesslich zu den Satzungen seiner
Religion verhalten. Ein solcher Eingriff
ist es aber zweifellos, wenn man seine Ehe
nach katholischen Grundsätzen beurtheilt.
Mit Recht kann man behaupten, dass die Un
auflöslichkeit der katholischen Ehe eines zu einem
akatholischen Glauben Uebergetretenen, selbst ab
gesehen von obigem Artikel 5 des interconfes
sionellen Gesetzes *4) schon deshalb aufgehoben ist.
weil die entgegengesetzte Anschaunng dem Geiste
des citirten interconfessionellen Gesetzes wider
spricht und dasselbe ohne Grund zu Gunsten
eines katholischen Dogmas und zu Ungunsten der
Akatholiken einschränken würde 15). Der zweite Ab
*) In diesem Sinne auch die obergerichtliche Ent
scheidung vom 26. Jänner 1875, Nr. 19047.
*). Trotz Anerkennung dieses Wider
ruches erklärt
Fuchs (a. a. O. S. 18) den Absatz 2 des § 111 a. b. G.-B.
für nicht aufgehoben und bemerkt, dass ja neben der Un
auflöslichkeit der katholischen Ehe auch noch die Ehe
hindernisse der Weihe und des feierlichen Gelübdes der Ehe
losigkeit (§ 68 a. b. G.-B.), sowie der Religionsverschieden
heit (§ 64 a. b. G.-B.) fortbestehen.
Darauf ist zu erwidern: Alles oben über § 111, a. b. G.-B.
Gesagte gilt auch von § 68, und zwar in der Weise, dass gemäss
dem interconfessionellen Gesetze durch Austritt aus der
katholischen Kirche alle Beobachtung der katholischen Dogmen
und der darauf gegründeten Gesetzes-Bestimmungen entfällt.
Wenn Geistliche oder Ordenspersonen den katholischen
Glauben ablegen, so sind sie eben fürderhin nicht als den
katholischen Dogmen unterworfene Geistliche, bezw. Ordens
personen zu betrachten und daher vom Staate, unbeschadet
der Verpflichtungen ihres Gewissens, an der Eingehung neuer
Ehen nicht zu hindern. Uebrigens entspricht diese Auffassung
schon dem klaren Wortlaute des § 63 selbst,
welcher die Fähigkeit zur Eheschliessung ausdrücklich nur
„Geistlichen“ (welche schon höhere Weihen empfangen haben)