Full text: Zeitschrift für Rechtsgeschichte (Bd. 3 (1864))

pur Lehre von der Ebenbürtigkeit rc.

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„Wo das Kind frei ist und echt, da behält es seines Vaters Recht"
— das letzte Zeugniß von der altdeutschen Volksfreiheit — gefal-
len, und an seine Stelle ist der Satz „Das Kind folgt der ärgern
Hand" getreten. Wir sehen hier dieselbe Rechtsentwickelung be-
zeugt, die am schärfsten in dem bekannten Reichsweisthum Rudolfs I.
v. I. 1282 (Mon. Leg. II, 439) ausgesprochen ist: “Per sen-
tentiam coram nobis extitit requisitum, si rustici vel ru-
stice qui liberi dicuntur, cum hominibus advocatiis
vel aliarum superiorum aut inferiorum condicio-
num contraxerint, quam conditionem sequi debeat partus ex
hujusmodi commixcione susceptus? Et est sententialiter
diffinitum, applaudentibus universis qui fuere presentes, quod
partus condicionem semper sequi debeat vilio-
re m.w
Wir wenden uns noch kurz zu dem zweiten Satze in Ssp. 1,
16 §. 2. Wenn wir oben den Ausdruck "vri bort" richtig aus-
gelegt haben, ^) so bezeichnet schon der Verfasser des Zusatzartikels
III, 73 §. 2 den Grundsatz, daß die Geburt von einer (zur Zeit
der Geburt) freien Mutter die Freiheit des Kindes begründe, als
einen veralteten, indem schon seit der Zeit des Bischofs Wichmann
ein anderes Recht gegolten habe. Das sächsische Weichbild und
das Görlitzer Landrecht, welche beide den Satz aus I, 16 §. 2
nicht ausgenommen haben, knüpfen an jene Erzählung des Ssp. an,
indem sie zunächst den Satz von der “vrien bort” dahin verstehen,
daß ursprünglich die Kinder, wenn auch nur eins von den Eltern
frei gewesen sei, regelmäßig der bessern Hand gefolgt seien, — eine
der Entwickelung in Deutschland widersprechende historische Phrase;
das Görl. Landr. 32 §. 2" fährt dann fort: "Dornoch saczten
di vursten unde di gewaldigen herren under en selbir unde
nicht mit der gemeynen lute rate, das sogetan gesiechte, als
ich vor gesaget habe, vorbas were der eigenschaft unde
nicht der vriheit.” Das Görl. Landr. verläßt dann diese Frage
und wendet sich zu den Ehen unter Dienstleuten verschiedener
Herren. Konsequenter ist der sächs. Weichb. 6 (Daniels): “§. 2.
Darna satten die vorsten und die vrien hören under on
selven alsüs: oft en vrie man en egen wif neme oder en

*5) Siehe Anm. 18.

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