Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 19 (1901))

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Heinrich Schilling.

Praktische Konsequenzen.
IX.
Nach der hier vertretenen Auffassung ist der ehemännliche Nien
brauch am Frauengut ein dem gewöhnlichen Nießbrauch analoges ding
liches Recht, ein mit Dispositionsgewalt ausgestattetes usufruktunrische-?
Genußrecht, ein Dispositionsnießbrauch im Sinne Kohler's. Neben
dem Nutzungsrecht enthält der ehemännliche Nießbrauch auch eine näher
bestimmte Dispositionsgewalt, das Recht der Verwaltung und Ver
äußerung einschließlich der Prozeßführung.
Die Konsequenzen dieser Auffassung ergeben sich von selbst.
Der Mann handelt kraft eigenen, der Frau wie Dritten gegenüber
wirksamen Rechtes. Er ist nicht Vertreter der Frau, handelt also nicht
procuratorio nomine. Sein Recht ist auch nicht ein vom Rechte der
Frau abgeleitetes, so daß dem Manne nur jeweils die der Frau zu-
stehenden Ansprüche zukämen; es ist keine Rede von einer absoluten
Sachlegitimation (Brühl), kraft deren der Mann lediglich die im
einzelnen Falle der Frau gebührende Klage auf Grund seiner samilien-
rechtlichen Stellung verfolgt, es handelt sich nicht mit eine familien-
rechtliche Gewalt.
Kraft eigenen Rechtes verfügt der Mann — innerhalb der Schranken
seines Rechtes — über das Frauengut. Seine Veräußerung erfolgt
nicht in Vertretung der Frau, sondern zu eigeneur Recht und in eigenem
Namen. Sie steht unter den allgemeinen Grundsätzen über Ver-
äußerung mit allen Folgen, die sich hieraus ergeben, z. B. hinsichtlich
der Eviktionspflicht des Mannes u. s. f. Wie der Pfandgläubiger krau
eigenen Rechtes die fremde Sache zu verkaufen befugt ist. so ist ähnlich
der Ehemann durch seine Dispositionsgewalt hierzu legitimirt.
Vor allem steht dem Mann als Inhaber der ehelichen Verwaltung
und Nutznießung zum Schutze der aus seiner Rechtsstellung sich ergebenden
Ansprüche eine actio confessoria entsprechend der Klage des Nies',
brauchers zu. Sie geht allerdings über die gewöhnliche konfessorische
Klage des Nießbrauchers der Natur der Sache nach weit hinaus, sofern
der ehemännliche Nießbrauch ein viel umfassenderes Recht gewährt.
Die Klage des ehemännlichen Nießbrauchers wird sich nach Analogie
der Vorschriften über den Nießbrauch § 1065 bestimmen, die ihrerseits
wieder auf die Eigenthumsklagen zurückverweisen. Der Mann kann

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