Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 19 (1901))

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Heinrich Schilling.

Weise berührt, die einmal gezogenen Früchte sind und bleiben sein
Eigenthum. Wohl kommt dem Manne die eheliche Nutznießung nur
um der Ehe willen und in deren Interesse zu, und es ist auch dafür
gesorgt, wenigstens regelmäßig, daß er sein Recht nicht mißbraucht,
aber der Rechtsbestand seiner Handlungen ist nicht davon abhängig,
ob sie gerade dem ehelichen Interesse dienlich sind oder nicht, wie schon
Runde richtig ausführt. In dem Rechte des Mannes am Frauengut,
das ihm nur um der Ehe willen eingeräumt ist, ist dieser Zweck nicht
ausgeprägt, erst mittelbar durch andere Bestimmungen wird darauf
hingewirkt, daß dieser Zweck erreicht wird.
Endlich ergiebt sich auch aus § 1409, daß die eheliche Nutznießung
nicht als samilienrechtliche Gewalt aufgefaßt werden kann. Nach dieser
Bestimmung wird der an der Ausübung der Verwaltung und Nutz
nießung verhinderte Mann durch den Vormund vertreten: eine Ver-
tretung in Ausübung einer rein fanrilienrechtlichen Gewalt ist aber ein
Unding. Diese Bestimmung läßt sich nur daraus erklären, daß die
eheliche Nutznießung als ein Vermögensrecht erscheint.
Ein Bedenken kann schließlich auch nicht daraus entnommen werden,
daß das Bürgerliche Gesetzbuch die eheliche Nutznießung nicht unter der
Zahl der von i^m ausdrücklich erwähnten dinglichen Rechte aufführt.
Denn wenn auch die Denkschrift"') behauptet, daß im Gegensatz zum
Obligationenrecht die Zahl der dinglichen Rechte auf die vom Gesetz
als solche geregelten Verhältnisse beschränkt sei, so wird sie durch das
Bürgerliche Gesetzbuch selbst widerlegt, das neben den von ihm aus-
drücklich normirten Kategorien der dinglichen Rechte auch andere Rechte
kennt, die als dingliche Rechte erscheinen, obwohl sie das Bürgerliche
Gesetzbuch nicht als solche bezeichnet. Es sind dies die Rechte aus
einer Vormerkung im Grundbuch § 883. Das vorgemerkte Recht —
sei es auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechtes an einem Grund
stück oder eines dasselbe belastenden Rechtes oder auf Aenderung des
Ranges oder Inhalts eines solchen Rechtes — kann jedem späteren
Eigenthümer oder Erwerber eines dinglichen Rechtes gegenüber geltend
gemacht werden. Allerdings handelt es sich um eigenartige Sachen-
rechte, sofern sie nur ein vorläufiges Rechtsverhältniß begründen und
darauf abzielen, dem Eingetragenen eine weitere sachenrechtliche Be-

"') S. 159. Ebenso Planck, Kommentar Bd. 3 S. 6.

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