Rechtsunterricht.
27
Rechtes die Beherrschung von staatsrechtlichen Begriffen nothwendig ist.
So sind z. B. die Stellung des paetor, das jus honorarium utiö .ber
Satz: praetor jus facere non potest, überhaupt feine juris dictio
gar nicht ohne staatsrechtliche Begriffe zu begreifen. Auch fordert die
ganze römische Verfassung, die doch Gegenstand der römischen Rechts-
geschichte ist und in das Privatrecht oft genug hineinwirkt, daß der
Laie an sie mit einer gewissen Vorbereitung herangehe, daß er für die
logische Betrachtung gewisse Ausgangspunkte habe, sich nach gewissen
begrifflichen Merksteinen orientiren könne. Diese logischen Ausgangs-
punkte und begrifflichen Merksteine liefert ihm aber in bequemster
Weise das deutsche Staatsrecht, dessen Lehre abstrahirt aus den bei
uns geltenden, alle Tage wirkenden und für jedermann sichtbaren Ein-
richtungen. Alle die Gründe, die dafür sprechen, pädagogisch vom
deutschen Privatrecht auszugehen zum römischen Rechte, sprechen für
dasselbe Verfahren beim Staatsrecht. Auch hier kehrt der Gang wieder
vom Bekannten zum Unbekannten, vom Näheren zum Ferneren, vom
Einfachen zum Zusammengesetzten, vom Leichteren zum Schwereren.
Speziell der Aufstieg vom Einfachen zum Zusammengesetzten, d. h.
vom Differenzirten zum Judifferenzirten, wird besonders deutlich, wenn
wir die Stellung des praetor vergleichen mit der Stellung des Königs,
des Präsidenten der Republik, des Justizministers, des obersten Gerichts-
präsidenten, des Ministers des Innern.") Gerade der Vergleich mit
modernen Einrichtungen ist pädagogisch so außerordentlich fruchtbar
und dankbar, er setzt aber voraus, daß der Zuhörer die modernen Ein-
richtungen, die modernen Begriffe beherrscht.
Dieselben Gründe, die für Institutionen des deutschen Staats-
rechts sprechen, sprechen auch für Institutionen des deutschen Civil-
prozesses und für die Darstellung der deutschen Gerichtsverfassung.
Einmal ist ohne prozessualische Kenntnisse die Vorlesung über
16) Dieser Vergleich zeigt, wie außerordentlich weit auch im Staatsrecht,
mehr noch als im Privatrecht, die Differenzirung der einzelnen Rechtsgebilde
vorgeschritten ist, wieviel modern staatsrechtliche Begriffe man zu Hilfe nehmen
muß, um den Studenten die Stellung praetor klar zu machen. Darin beruht
ja eben die große pädagogische Schwierigkeit, daß äußerlich so einfache Gebilde
eine ganze Summe von verschiedenartigen Rechtsbegriffen enthalten, daß dem
einzelnen Begriff nicht auch eine äußerlich wahrnehmbare Einrichtung entspricht,
an der der Begriff konkret zur Erscheinung kommt.