Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 19 (1901))

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Paul Krückmann.

gogische Schwierigkeit für den Anfängerunterricht auf Grundlage des
römischen Rechtes, indem genügend sichere äußere Kriterien ermangeln, an
denen der Anfänger erkennen kann, welche Begriffe er vor sich hat.
Ich erinnere nur an die viele Verwirrung, die das Wort mandatum")
anrichtet, eine Verwirrung, der nur dadurch begegnet werden kann, daß
man auf die modernen, differenzirten Begriffe von Auftrag und Vollmacht
zurückgreift. Als Worte, die ebenfalls große sprachliche Schwierigkeiten
bereiten oder vielmehr, deren sprachliche Schwierigkeiten nur der getreue
Ausdruck für die durch mangelhafte Differenzirung entstandenen begrifflichen
Schwierigkeiten ist, seien nur noch einige der bekannteren genannt: actio,
obligatio, causa, boni mores. Es wird gewiß nicht geleugnet werden
können, daß derjenige Sprachgebrauch pädagogisch der beste ist, der die
verschiedenen Begriffe am schärfsten hervortreten läßt und wird dies zu-
gegeben, so muß auch die pädagogische Ueberlegenheit der deutschen
Rechtssprache zugegeben werden, die z. B. für die beiden Worte
locatio conductio operarum und loc. cond. operis die vielen
Worte und Begriffe: Dienst-, Werk-, Werklieferungsvertrag, Mäkler-
vertrag, entgeltliche Verwahrung, Lehrvertrag u. s. w. hat. Der so viel
größere Reichthum unserer deutschen Rechtssprache liegt so offenkundig
da, daß ein weiteres Eingehen hierauf nicht nothwendig erscheint. Ich
begnüge mich mit dem Hinweis, daß auch diese sprachliche Ueberlegenheit
einer von den vielen Gründen ist, weshalb zur Einführung in die
Rechtsbegriffe das moderne Recht dem sprachlich so wenig differenzirten
römischen Rechte pädagogisch so sehr überlegen ist.
Es ist nach allem Dargelegten ein Jrrthum, anzunehmen, die
„scharfkantigen" römischen Begriffe seien besonders geeignet für den
Anfängerunterricht. Diese Begriffe sind eben nicht so „scharfkantig"
wie die anderen, die die Denkarbeit von mehr als einem Jahrtausend
voraus haben.

") Unter diesem Worte hat schon mancher Examenkandidat leiben müssen.
Die von Dernburg a. a. O. S. 33 angeführten Begriffe Eigenthum und
Forderung, Verzug und Verschuldung geben Veranlassung, beispielshalber auf
den größeren Reichthum unserer deutschen Rechtssprache hinzuweisen: Rechts-
verhältniß, Forderung, Anspruch, Befugniß. Hat das römische Recht auch nur
das Mindeste dem an die Seite zu setzen? Zumal die beiden letzten Begriffe
sind von ganz hervorragender Verwerthbarkeit. Wie kümmerlich arm ist die
römische Rechtssprache gegen die Ausdrücke unserer differenzirten Begriffswelt!

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