Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 19 (1901))

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Heinrich Schilling.

von Gerber?) Er sagt zwar, man dürfe nicht sagen, dem Ehemann
stehe neben der Verwaltung noch ein selbständiges weiteres Recht, der
Nießbrauch, zu, das Recht des Mannes, die Früchte des Frauenguts
zu Eigenthum zu erwerben, werde durchaus nicht als „echter" Nies;
brauch behandelt, und wenn trotzdem von Nießbrauch geredet werde,
so sei das eben ein eingebürgerter Sprachgebrauch. In einer Anmerkung
erklärt Co sack aber, die Auffassung von Gerber, der die Verwaltungs-
gemeinschaft des preußischen Allgemeinen Landrechts und des sächsischen
Bürgerlichen Gesetzbuchs als besonderes System des ehemännlichen
Nießbrauchs charakterisire und nicht als echte Verwaltungsgemeinschaft
gelten lassen wolle, gehe zu weit, weil die neueren Gesetzgebungen den
Unterschied gegenüber dem gewöhnlichen Nießbrauch durchaus nicht ver-
kannt haben, auch nicht das Bürgerliche Gesetzbuch.
Auf der anderen Seite erklärt Schröder^) das Recht der Ver-
waltung und Nutznießung werde vom Bürgerlichen Gesetzbuch als
familienrechtliche Befugniß behandelt, die dem Manne als Oberhaupt
des Hauses lediglich in derselben Weise zustehe, wie denr Vater am
Vermögen der Kinder; denn das Bürgerliche Gesetzbuch habe den eng-
herzigen sachenrechtlichen Standpunkt des ehemännlicheu Nießbrauchs,
den der erste Entwurf aus dem sächsischen Bürgerlichen Gesetzbuch über-
nommen habe, aufgegeben.
Ebenso hat sich Professor v. Mandry, Mitglied der I. und II.
Kommission und Referent für das Familienrecht (II. Kommission) in
feiner Vorlesung 3 4 5 6) über das Familienrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs
dafür ausgesprochen, daß die eheliche Nutznießung lediglich als familien-
rechtliche Befugniß des Mannes, aber nicht als dingliches Recht auf
zufasfen sei.
Die Protokolle der II. Kommission") selbst erklären das Recht
der Verwaltung und Nutznießung für ein absolutes, auch gegen Dritte
wirksames Recht des Mannes, und von einzelnen Mitgliedern der
II. Kommission wird auch von einem „Mißverständniß" gesprochen,
als ob das Recht des Mannes das „dingliche Recht des Nießbrauchs"

3) Gerber-Cosack, Deutsches Privatrecht, 17. Aufl., S. 467ff.
4) Das eheliche Güterrecht nach dem B.G.B. 1896 S. 9 ff.
Tübingen, Wintersemester 1897/98.
6) Protokolle Bd. 4 S-126.

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