Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 19 (1901))

Handelsgesellschafts- und bürgerliches Recht.

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f0{t Bahn gebrochen. Vereinzelt freilich sind schon Versuche unter-
nommen, es wieder auszumerzen. So will Joerges (in einem Aufsatz
jgier die Lehre vom Miteigenthum und der gesammten Hand nach
deutschem Reichsrecht, Zeitschr. f. H.R. Bd. 49 S. 140 ff.) mindestens
nicht von Eigenthumsgemeinschaft zur gesammten Hand, sondern von
„gebundenein Miteigenthum" sprechen. Ueberwiegend aber wird der Name
gebraucht. Allein zunächst ist es doch eben nur ein Name. Und der
Begriff, der dahinter steckt, wird offenbar sehr verschieden verstanden.
Manche Romanisten, die er natürlich zuvörderst fremdartig anmuthet,
haben ihn schon stark abgeschwächt und verdünnt. Die Germanisten
suchen ihm umgekehrt weite und kraftvolle Geltung zu verschaffen. Es
gilt daher, sich über den Kern dieses Begriffs zu verständigen.
Offenbar bezeichnet das Wort „gesummte Hand" nicht ein Rechts-
institut, sondern ein Rechtsprinzip. Es sagt etwas darüber aus,
in welcher Weise mehrere Personen gemeinsam eine Rechtsposition ein-
nelunen. Und zwar besagt es, daß die mehreren Personen in einer
rechtlichen Verbundenheit die Stellung eines Rechtssubjekts haben.
Hiermit drückt es einen Gegensatz zu anderen Rechtsprinzipien aus, die
mehreren Personen als unverbundenen Subjekten gemeinsame
Rechte oder Pflichten zuschreiben. Befinden sich unverbundene Personen
in derartiger Subjektstellung, so sind sie entweder eine jede nur zu
einem Antheil oder eine jede auf das Ganze berechtigt oder verpflichtet.
Es gilt also entweder das Antheilsprinzip oder das Solidar-
prinzip. In beiden Fällen bleibt die Persönlichkeit als solche un-
berührt, die Gemeinschaft liegt nur im Gegenstand, sie ist individualisti-
scher Struktur und erschöpft sich in den aus dem objektiven Zusammen-
liaitg der Einzelrechte oder Einzelpflichten entspringenden Beziehungen.
Das römische Recht kannte nur diese individualistischen Gemeinschafts-
sinnen. Das deutsche Recht kannte sie auch, bildete aber daneben vom
0wnilienrecht her die echte Gemeinschaft aus, bei der mehrere Personen
^nächst als verbunden gesetzt und dann in dieser ihrer Verbundenheit
Ni Rechts- und Pflichtenträgern berufen werden. Einer solchen echten
Gemeinschaft diente vor Allem die Denkform der gesammten Hand.
Berdnnkt sie doch ihren Namen einem Bilde, das in die sinnliche Er-
scheinung trat, wenn die Gemeiner mit verschlungenen Händen den
Bukolischen Erwerbsakt Vornahmen oder das Verpflichtungssymbol er-
hnssen. Der Gedanke aber hat das Bild überlebt. Alle gesammte

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