Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 30 (1907))

§ 561 Abs. 2 BGB.

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Nach § 709 Nr. 1 sind unter anderen für vorläusig vollstreckbar
zu erklären Urteile, welche Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und
dem Mieter von Wohnräumen wegen Überlassung oder Räumung,
sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter in die Mietsräume
eingebrachten Sachen betreffen. Gehören zu den Streitigkeiten wegen
Zurückhaltung der eingebrachten Sachen auch solche wegen Zurück-
schasfung? Diese Frage wird von Struckmann und Koch Anm. 4
zu § 23 GVG. im Anschlüsse an Keller S. 41 verneint; von Turnau
Bd. I S. 189 und Endemann ZPO. Bd. I S. 82 Ziffer 2a
bejaht. Keller führt aus, daß auf Klagen wegen Zurückbringung
beweglicher Sachen in die Mietsräume, auch wenn diese Klagen aus
einem Pfandrecht entspringen, die Vorschrift des § 709 Nr. 1 nicht
auszudehnen sei. Turnau dagegen ist der Meinung, daß weder der
Wortlaut noch die Materialien einen Anhalt für die Ausschließung
der Anwendbarkeit des § 709 Nr. 1 aus Streitigkeiten wegen Zurück-
bringung der verschleppten Mietsachen bieten und daß das Motiv der
Dringlichkeit für die Fälle dieser Art doch ganz gewiß passe. Diese
Bemerkungen sind insoweit, als zu den „Streitigkeiten wegen Zurück-
bringung" auch diejenigen Fälle zu rechnen sind, in welchen auf Heraus-
gabe verschleppter Mietsachen zum Zwecke der Zurückschaffung
geklagt wird, jedenfalls zutreffend. In erster Linie ist zu beachten,
daß der § 709 Nr. 1 nicht von Zurückbehaltung redet — unter
welchen Begriff allerdings die Herausgabe zum Zwecke der Zurück-
schaffung nicht mit verstanden werden könnte — sondern von Zurück-
haltung. Unter diesen Begriff füllt aber nicht allein die Verhinderung
des Fortschassens der eingebrachten Sachen von dem Mietgrundstück,
sondern auch die Geltendmachung des Anspruchs auf Herausgabe zum
Zwecke der Zurückschaffung. Es herrscht in Wissenschaft und Praxis
darüber Einverständnis, daß der Vermieter auf Grund der aus seinem
Pfandrecht fließenden Befugnisse „ein gewisses Maß von tatsächlicher
Herrschaft erlangt":
Vgl. RG. i. Str. Bd. 35 S. 151; Oertmann in der deutschen
Jur. Zeitung von 1903 S. 137; Mittelstein daselbst S. 172
und in „Die Miete usw." S. 178 Nr. 1 a. E.
Diese tatsächliche Herrschaft beruht aber nicht allein auf dem
Sperrrechte des Vermieters, sondern auch auf dem ihm gewährten
Ansprüche auf Herausgabe zum Zwecke der Zurückschaffung — ein

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