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Otto Niese.
Vermächtnisse, Auflagen und Ausgleichungspflichten als besonderer Erb-
teil gilt, nur aus Vermächtnisse und Auflagen beziehen und dahin
verstehen, als ob es hieße: „In den Fällen der Anwachsung und des
§ 1935 gilt dies nur dann, soweit die Erbteile verschieden beschwert
sind. Wille ist also der Ansicht, daß nur in Ansehung der Ver-
mächtnisse und Auflagen, nicht dagegen bezüglich der anderen Nachlaß-
verbindlichkeiten die Haftung des Erben sich so bestimmt, als ob die
Erbteile verschiedenen Erben gehörten.
Diese Auslegung widerspricht dem klaren Wortlaut des Gesetzes.
Der § 2007 regelt die Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten, das
heißt für alle Nachlaßverbindlichkeiten und nicht bloß für die, welche
auf Vermächtnissen und Auflagen beruhen. Das Wort „dies" in dem
Satze 2 kann sich nur auf „die Haftung für die Nachlaßverbindlich-
keiten" des Satzes 1 beziehen.^)
Sind in den Fällen der Anwachsung und der Erhöhung des ge-
setzlichen Erbteils der ursprüngliche und der hinzugekommene Teil gleich
belastet, oder, was dem gleich steht, sind sie gar nicht belastet, so
gelten sie als ein Erbteil. Wenn also der Erbe bezüglich des ur-
sprünglichen Erbteils unbeschränkt haftet, so haftet er auch in Ansehung
der Erweiterung unbeschränkt. Im einzelnen ergeben sich bezüglich
dieses Falles keine Schwierigkeiten; es erübrigt sich daher eine weitere
Erörterung.
Welche Tragweite dagegen die vom Gesetz vorgeschriebene Sonderung
der in einer Hand vereinigten mehreren Erbteile hat, bedarf der näheren
Untersuchung.
Zweiter Teil.
Die Anmendnrrgsfiille des 8 200V des Bürgerlichen
Gesetzdnches.
I. Allgemeines.
8 5.
Uber die Tragweite des § 2007 besteht ein lebhafter Streit, da
das Gesetz keine genaueren Vorschriften über die Durchführung der
") Stroh al II S. 362 Anm. 6. Planck 2 Aufl. Bem. 3 zu 8 2007.
Wegen der nach Fertigstellung der Arbeit von Srrohal in Plancks Kommentar
3. Aufl. vertretenen Auffassung vgl. unten 8 16.