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A. S. Schultze.
g e r i ch t s sie in den oben zuletzt angeführten zwei Urteilen unter
ausführlicher Begründung (namentlich Entfch. Bd. 63 S. 200 ff.)
bejaht, und mehrere Schriftsteller haben sich dem mehrfach an-
geschlossen?)
Ich halte die erftere Ansicht für richtig und die Gründe des
Reichsgerichts für nicht überzeugend.
I. Auszugehen ist m. E. vor allem davon, daß ein Schadens-
ersatzanspruch, soweit ein solcher abseits der Bestimmungen der
§§ 459 ff. Platz greift, mag man ihn nun aus § 276 BGB. oder
aus anderen allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechtes ableiten,
eben auch nach diesen letzteren und nicht nach den Sonder-
bestimmungen über die gesetzliche Gewährleistungspflicht zu be-
urteilen ist. Auch das Reichsgericht erkennt seine Selbständigkeit
und Unabhängigkeit von diesen Bestimmungen an und tritt m. E.
mit sich selbst in Widerspruch, wenn es trotzdem gerade den § 477
herausgreist, um ihn auch hier zur Anwendung zu bringen. Es
erkennt überdies auch an, daß dieser Paragraph seinem „W o r t -
laute nach" nur die in den §§ 459ff. behandelten Gewähr-
leistungsansprüche der Wandlung, Minderung und des Schadens-
ersatzes gemäß § 463 und nicht jenen aus allgemeinen Grundsätzen
folgenden Schadensersatzanspruch begreife, meint aber, daß er
trotzdem „dem Sinne" und „der Absicht des Gesetz-
gebers nach" auch den hier in Rede stehenden Anspruch um-
fasse. Es beruft sich hierfür auf eine in den Mot. z. Entw. II
S. 238 gelegentlich gemachte allgemeine Bemerkung, daß „das
Recht der Wandlung und Minderung in allen damals geltenden
Rechten einer kurzen Verjährung um deshalb unterworfen sei,
weil die Ermittelung und Feststellung von Beschaffenheitsmängeln
der Kaufsache nach Verlauf längerer Zeit kaum ausführbar und
für den Verkehr das Zurückgreifen auf solche Mängel nach längerer
Zeit im höchsten Grade lästig und hemmend sei". Diese Gründe,
so meint das Reichsgericht, träfen in gleichem Maße auch für den
b) So u. a. O ertmann aaO. (2. Aufl.) zu § 477 5c S. 398/9;
Kober - Staudinger, 2. Aufl. II S. 687, 114g, 124k; Krück-
mann, Anfechtung, Wandlung usw., 1904, S. 118.
*) Für die ordentliche Verjährung hat dieser sich aber jetzt in „Un-
möglichkeit und Unmöglichkeitsprozetz" S. 321/2 ausgesprochen.