Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 30 (1907))

Nachindossement eines protestierten Wechsels. 121
ungeachtet als formell legitimiert im Sinne des Art. 36 der Wechsel-
ordnung anzusehen, oder steht die Tatsache des folgenden, undurch-
strichenen Indossaments der Legitimation des im vorhergehenden In-
dossament benannten Indossatars im Wege?
Über diese Frage gibt es in der Wissenschaft zwei Ansichten.
Thöl verteidigt als Einziger die Meinung, daß trotz eines folgenden,
undurchstrichenen Indossaments der im vorhergehenden Indossament
benannte Indossatar durch die bloße Rückerlangung des Wechsels
wechselmäßig legitimiert sei; die andere Partei, in der sich neben anderen,
die später im Text zu nennen sein werden, Namen wie Dernburg
und Grünhut finden, vertritt die Gegenansicht. Ich halte die letztere
Auffassung für richtig: Ein Indossatar ist durch die Tatsache der bloßen
Rückerlangung des Wechsels nicht wechselmäßig legitimiert, so lange
sich ein von ihm erteiltes, ihm nachfolgendes Indossament undurch-
strichen auf dem Wechsel befindet.
Die Gründe für diese Ansicht sind folgende: Der Wechsel hat
seine für das Wirtschaftsleben so wichtige Bedeutung als Zahlungs-
ersatz nur erlangen können infolge der einfachen Zirkulationsfähigkeit,
wie sie durch die Möglichkeit der Indossierung gegeben ist. Soll nun
durch diesen Hauptvorzug des Wechsels, durch seine leichte Umlaufs-
fähigkeit, Treu und Glauben im Verkehr nicht gefährdet werden, so
ergibt sich als Folge notwendig die Loslösung des im Wechsel ver-
brieften Rechts von allen, außerhalb des Wechsels liegenden, nicht
aus ihm selbst ersichtlichen Verhältnissen. Jeder Gutgläubige, sei es,
daß er schon zu dein Wechsel in Beziehung steht, sei es, daß er erst
zu dein Wechsel in Beziehung tritt, nruß sich unbedingt darauf ver-
lassen können, mit dem im Wechsel verkörperten Recht verhalte es
sich nur so, wie er es selber aus dem Wechsel ablesen kann. Es muß
deshalb alles, was für das Schicksal des im Wechsel enthaltenen Rechts
erheblich sein soll, auf dem Wechsel geschrieben sein, umgekehrt aber
auch alles, was auf dem Wechsel geschrieben steht, für den Wechsel
seine Bedeutung haben. „Jeder durch die Unterschrift gedeckte Vermerk
im Wechsel kommt in Betracht."6) Nur auf die Form kommt es, wie
bereits früher angedeutet, beim Wechsel an; sie kann vielleicht mit dem
zu Grunde liegenden materiellen Recht nicht übereinstimmen, ja, im

') Grün Hut, Wechselrecht. Leipzig 1897. Bd. I. S. 335.

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