Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 18 (1900))

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Paul Oertmann. Civilistische Rundschau.

führungen sind überall lichtvoll und auch da, wo man ihnen nicht unbedingt
zu folgen vermag (so etwa in der vom Verfasser für gewisse Fälle bejahten
Frage, ob die Verweigerung kirchlicher Trauung als Scheidungsgrund nach
8 1568 gelten könne) anregend und belehrend. — Leist's Aufsatz „Schieds-
sprüche gegen zwingendes Recht" bildet einen werthvollen Beitrag zu der be-
sonders rechtspolitisch bedeutsamen, vom geltenden Recht noch nicht gebührend
beachteten Frage, wieweit der Vertragsfreiheit aus überwiegenden sozialen
Interessen heraus Schranken zu ziehen seien. Die wirthschaftlich Mächtigen
suchen derzeit in immer steigendem Maße ihren Gegenkontrahenten Schieds-
gerichtsklauseln aufzudrängen, die diesen den Schutz durch die unparteiischen
staatlichen Gerichte verkümmern. Daher erklärt die neue Oesterreichische C.P.O.
mit Fug Schiedssprüche gegen zwingendes Recht für wirkungslos, wogegen
Leist aus den deutschen Gesetzen nur wenig Material zur Gewinnung eines
entsprechenden Ergebnisses hat Zusammentragen können; fast nur 8 1026 C.P.O.
soll hier für gewisse krasse Fälle Schutz bieten. — Biermann wendet seine
Untersuchung der Lehre von der Vertretung und Vollmacht zu; er handelt in
knapper, aber mannigfach fördernder Darstellung über die Abgrenzung des
Gebietes der Vollmacht von anderen Fällen einer „Wirkungsmacht für Andere";
dann über ihre Ertheilung, endlich über ihr Erlöschen. In einigen Punkten
der Lehre soll die Anwendung des B.G.B. zu wenig befriedigenden Ergebnissen
führen; ja die Praxis werde möglicherweise sich über seine Vorschriften hin
und wieder hinwegsetzen müssen. — Die Einzelheiten können hier nicht wieder-
gegeben werden.
Endlich Jung polemisirt mit beachtenswerthen Gründen gegen die von
Bergbohm in seinem Kampf gegen alle Naturrechtelei aufgestellte Behauptung,
wonach ein Recht „allemal in lückenloser Ganzheit dastehe". Dieser Satz beruht
nach Jung auf einer Ueberschätzung des Logischen im Recht, „der Macht der
Formel." In Wahrheit aber ist das Recht höchstens ein „teleologisches Ganze";
es ist That, Handlung. Freilich ist die teleologische Rechtsfindung immer nur
Aushülfsmittel, die Ausdehnung der logischen dagegen „das zu erstrebende Ziel",
S. 155.

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