Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 29 (1906))

Zur Lehre von den nicht getrennten Erjeugnissen.

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Erzeugnisse muß stillschweigend als für den Fall der zukünftigen
Trennung geschlossen angesehen werden?) Bei dieser Sachlage ist das
Rechtsverhältnis ein rein obligatorisches, welches erst dingliche Ge-
staltung nach der Trennung der Früchte erlangen kann. Da aber der
Kaufvertrag gültig geschlossen ist, so ist auch der Verkäufer verpflichtet,
nicht nur die Früchte zur Zeit der Reife zu trennen, zu übergeben und
dem Käufer das Eigentum daran zu verschaffen, er hat sich in der
Zwischenzeit die Möglichkeit dazu offen zu halten, also nichts zu unter-
nehmen, was ihm die Trennung, Übergabe und Eigentumsverschaffung
unmöglich macht, er würde sich insbesondere wegen schuldvollen Ver-
haltens ersatzpflichtig machen, wenn er über sein Fruchtziehungsrecht
vor der Trennung zum Nachteil des Käufers in der Weise verfügte,
daß das Eigentum an den Früchten mit der Trennung nicht an ihn,
sondern an einen anderen fällt.
Mit dieser Gestaltung des Rechtsverhältnisses ist jedoch den Be-
dürfnissen des Verkehrs häufig nicht gedient. Der Verkäufer will
möglichst sofort den Kaufpreis erhalten, der Käufer wird jedoch solches
nur gewähren, wenn er selbst in die Lage versetzt wird, sich das, was
ihm gebührt, durch eigene Tätigkeit zu verschaffen. Es stagt sich,
welche Handhabe das Gesetz in dieser Richtung den Beteiligten bietet.
Ich finde solche nach § 956 BGB. darin, daß der Käufer sich vom
Verkäufer nicht nur die Befugnis, die Früchte sich selbst anzueignen,
sondern sich auch gleichzeitig den Besitz derjenigen Bodenfläche, auf
welcher die Früchte stehen, einräumen läßt.
Es soll zunächst erörtert werden, wie sich das Verhältnis der
Parteien gestaltet, wenn die Gestattung der Aneignung für sich allein
ohne Besitzverschaffung zugestanden ist.
In diesem Falle ist der Verkäufer der Sorge für die Trennung
der Früchte ledig, er ist nicht verpflichtet, die Übergabe der Früchte
auf seine Kosten zu bewirken (§ 433 Abs. 1 Satz 1, § 448 Abs. 1)
er hat vielmehr nur zu dulden, daß der Käufer die Früchte auf seine
Kosten abnimmt, also trennt und in Besitz nimmt. Zu solcher Ab-
nahme ist der Käufer verpflichtet (§ 433 Abs. 2, § 448 Abs. 1).
Die Abnahme hat zur verkehrsüblichen Frist, also zur Zeit der Reife
zu erfolgen.

*) Rehbein BGB. Bd. 2 S. 154.

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