Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 29 (1906))

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Bunsen.

Rechtsverkehr Gegenstand von Rechtsgeschäften nnd es fragt sich, wie
sich die dadurch geschaffenen Rechtsverhältnisse der Beteiligten bis zur
Trennung und nach derselben gestalten. Der Fruchtberechtigte ist häustg
in die Lage versetzt, die nicht getrennten Früchte in Geld umzusetzen,
sie seinem Kredite dienstbar zu machen, auch gewährt das Prozeßrecht
dem Gläubiger des Fruchtberechtigten die Befugnis zur Pfändung
(ZPO. § 810). Also nicht nur der Verkehr, sondern auch das objektive
Recht betrachtet die nicht getrennten Erzeugnisse, obgleich sie formell
im Eigentum des Grundeigentümers stehen, als zum beweglichen Ver-
mögen des Fruchtberechtigten gehörend; denn nur bei solcher Annahme
ist die Bestimmung des § 810 ZPO. verständlich. Diese Zugehörigkeit
erreicht ihren formellen Abschluß freilich erst mit der Trennung oder
Besitzergreifung. Für den rechtsgeschäftlichen Verkehr kommen die Er-
zeugnisse bis dahin nur als ros kntnras in Betracht. Es soll nun
an dem Beispiele des wichtigsten Verkehrsgeschäftes, des Kaufes,
das Rechtsverhältnis der Parteien bezüglich der nicht getrennten Früchte
bis zur Trennung und nach derselben erörtert werden, insbesondere
dabei der § 956 BGB. einer eingehenden Darstellung unterzogen
werden. In der Literatur wird diese gesetzliche Bestimmung meistens
für den Pachtvertrag erörtert. Es erscheint angemessen, die Erörterung
einmal auf ein anderes Gebiet zu führen, und hoffe ich, dabei neue
Gesichtspunkte für das Verständnis dieser gesetzlichen Bestimmung ge-
wonnen zu haben.
Wenn die Darstellung nur von nicht getrennten Erzeugnissen spricht,
so finden doch die darzustellenden Grundsätze ohne weiteres Anwendung
auf alle sonstigen wesentlichen Bestandteile, insbesondere Bodenbestand-
teile, für das Abbrechen bestimmte Gebäude u. dgl.
Verkauft der Fruchtberechtigte nicht getrennte Erzeugnisse, so ent-
steht zunächst das rein persönliche Schuldverhältnis, kraft dessen der
Verkäufer verpflichtet ist, dem Käufer die Früchte zu übergeben und
ihm das Eigentum an denselben zu verschaffen. Die Erfüllung dieser
Verpflichtungen ist bis dahin, daß die Erzeugnisse mit dem Boden
verbunden sind, jedenfalls insoweit unmöglich, als der Verkäufer dem
Käufer bis dahin nicht das Eigentum an den Früchten verschaffen kann.
Von dem Zeitpunkt der Trennung an ist jedoch diese Unmöglichkeit ge-
hoben, deshalb ist ein solcher Vertrag nach § 308 Abs. 1 gültig
und wirksam; denn der Kaufvertrag über die erst zu gewinnenden

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