Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 29 (1906))

Preisbestimmung und § 826 BGB.

153

ganz unrichtigem Standpunkt aus betrachtet wird, daher auch die heil-
lose Verwirrung in dieser Lehre: hat man doch beispielsweise behauptet,
daß, wenn A den B, dessen Leben versichert ist, tötet, eine Verletzung
des Versicherungsverhältnisses vorliege, — wovon gar keine Rede sein
kann: in keiner Weise wird dadurch das Versicherungsverhältnis in
seiner Entwicklung gehemmt: der Versicherer leistet eben, was er ver-
tragsgemäß zu leisten hat. In der Tat kann eine Störung des Ver-
tragsverhältnisses nur dann vorliegen, wenn man dem Schuldner in
die Unmöglichkeit versetzt, seine Verbindlichkeit zu erfüllen; und hierbei
muß noch in Rerücksichtigung gezogen werden, daß, wenn man dem
Schuldner nur mittelbar Hilfsmittel entreißt, deren er sich zur Er-
füllung seines Vertrages bedienen würde, von einem Eingriff in das
Schuldverhältnis regelmäßig nicht die Rede sein kann: denn das
Schuldverhältnis umfaßt nur die Verpflichtung, nicht aber die dieser
Verpflichtung vorhergehenden oder sie begleitenden Zustände des
Schuldners, welche die Erfüllung erleichtern oder erschweren?) In
unserem Falle nun, wo die Verpflichtung des Sortimenters dahin geht,
einen bestimmten Preis einzuhalten, also nicht einen niederern Preis
anzusetzen, wird durch die Vereinbarung eines Dritten die Erfüllung
der Verpflichtung gar nicht unmöglich gemacht: die Verpflichtung ist
eine Unterlassungsverpflichtung, und hier steht das Unterlassen, das Nicht-
zuwiderhandeln anstelle der Erfüllung;7 8) was aber die Unterlassung
betrifft, so ist es Sache des Sortimenters, in einem solchen Falle eine aus-
nahmsweise Entbindung von seiner Unterlassungspflicht zu erwirken;
und wenn ihm das nicht möglich ist, und infolgedessen ein Unvermögen,
eine relative Unmöglichkeit bezüglich des neuen Schuldverhältnisses
vorliegt, so hat er eben dem Dritten dafür aufzukommen. Handelt er
nicht in solcher Weise, sondern verletzt er seine Vertragspflicht gegen
den B, so ist dies etwas, was ebensowenig das Rechtsverhältnis mit
dem Käufer berührt, als wenn der Schuldner, der eine Summe ver-
sprochen hat und sie nicht auf andere Weise aufbringen kann, das
Geld zusammenbettelt und dadurch gegen die Gesetze des Staates
verstößt.
7) Also feine Rechtswidrigkeit, wenn jemand mit dem Schuldner einen
Vertrag abschließt, wodurch es diesem unmöglich wird, am vereinbarten Zeit-
punkte zu erscheinen.
8) Lehrbuch des bürgerlichen Rechts II S. 41 f.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer