Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 29 (1906))

4. Zur Lehre von den nicht getrennten Erzeugnissen

2.

Zur Lehre von -en nicht getrennten Erzeugnissen.
Vom Amtsgerichtsrat Günsen in Rostock.

I.
Nicht getrennte Erzeugnisse im Rechtsverkehr (BGB. 8 956).
Die Erzeugnisse eines Grundstücks gehören, solange sie mit dem
Boden Zusammenhängen, kraft positiver Gesetzesvorschrift (§ 94 Abs. 1)
zu den wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks, auf dem sie erzeugt
sind. Sie können also solange nicht Gegenstand besonderer Rechte
sein (§ 93). Da die Erzeugnisse zu den Früchten gehören (§ 99 Abs. 1),
und das Recht auf die Frucht einem anderen als dem Eigentümer zu-
stehen kann, so fallen die Erzeugnisse mit der Trennung häufig nicht
dem Grundstückseigentümer, sondern dem Fruchtberechtigten (Nießbraucher,
Pächter usw.) zu. Für das Rechtsverhältnis bis zur Trennung macht
es jedoch keinen Unterschied, ob die Bestellung des Ackers, das Ein-
streuen des Samens, das Pflanzen usw. vom Fruchtberechtigten oder
vom Eigentümer ausgegangen ist, auch im ersteren Falle entsteht das
Recht an der Frucht immer erst mit der Trennung, bis dahin er-
streckt sich das Grundstückseigentum auch auf die Frucht?)
Wenn formt an nicht getrennten Erzeugnissen besondere Rechte in der
Regel nicht bestehen können, so sind solche Erzeugnisse doch häufig im
*) Das Bürgerliche Gesetzbuch steht also in dieser Frage streng auf dem
Standpunkt des römischen Rechts, ja es ist noch strenger, indem für das Recht
des Eigentümers schon der Zeitpunkt des Säens, des Pflanzens ohne Rücksicht
auf Keimen und Wurzelschlagen maßgebend ist (8 94 Abs. 1). Das deutsche
Recht betrachtete dagegen die Frucht nach der Bestellung des Ackers als selb-
ständigen beweglichen Gegenstand und verlieh dem Fruchtberechtigten bereits vor
der Trennung das Recht an der Frucht, was im ALR. I, 9 8 221 Anerkennung
gefunden hat.

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