Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 29 (1906))

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Josef Köhler.

Sitten sei, die Preise unvernünftig niedrig zu stellen. Das ist völlig
abwegig. Wenn ein Kaufmann Waren unter dem Preis verkauft, sie,
wie man zu sagen pflegt, verschleudert, so kann dies verschiedene
Gründe haben, die zu kontrollieren man nicht in der Lage und nicht
berechtigt ist. Der Grund kann sein, daß der Kaufmann mit der
Ware aufräumen will, oder daß er sich beim Publikum beliebt machen,
oder auch, daß er seine Gegner bedrängen will. Letzteres führt aller-
dings zu Mißständen, denn der eine kann einen derartigen Verlust-
handel längere Zeit aushalten, der andere nicht; namentlich ist es
vorgekommen, daß Warenhäuser sich dieses Mittels bedient haben, um
sich des Wettbewerbs von Spezialhäusern zu entledigen, da Waren-
häuser mit einem großen Katalog von Waren leichter die Möglichkeit
haben, einen Artikel völlig auf das Verlustkonto zu schreiben, weil
ihnen die Gelegenheit gegeben ist, sich an anderen Artikeln zu er-
holen. Trotzdem ist hier ein Eingreifen der Rechtsordnung nicht ge-
rechtfertigt: wer unter besseren Bedingungen Handel treibt, darf diese
besseren Bedingungen ausnutzen: das ist einer der Grundsätze des
Verkehrsrechts.
Sodann hat man schon behauptet, daß mindestens der Verkäufer
in solchem Falle kundgeben müsse, daß der Preis Gelegenheitspreis sei
und sich als etwas besonderes, ungewöhnliches darstelle. Ein solches
Verlangen aber ist völlig verkehrt; denn damit züchtet man alle jene
Wettbewerbsmittel, alle jene trügerische und aufbauschende Reklame,
worin der Verkäufer sich der Bevölkerung als ein Günstling des
Glückes darstellt, dem besondere Schicksalsgaben in den Schoß gefallen
seien, womit er seinerseits die Gewogenheit habe, edelmütig die Be-
völkerung zu bedenken.
Eine niedere Preisbildung ist lediglich Sache der Willkür des
Verkäufers. Wenn er mit Verlust verkaufen will, so ist das seine
Sache; wenn er dabei Nebenzwecke verfolgt, so sind das alles völlig
erlaubte Mittel im Kampfe des Verkehrs. Nur dann würde eine solche
Preisbildung unlauter werden, wenn er damit die Meinung verbreitete
oder wenigstens der Meinung Nahrung gäbe, als ob hierbei eine minder-
wertige Ware im Spiel wäre, und wenn dadurch etwa der Fabrikant
betroffen und in seiner gewerblichen Ehre geschädigt werden sollte.
Aber dann handelt es sich immer nur um offene oder versteckte An-
schwärzungen, Verunglimpfungen oder Herabsetzungen, und es ist hierbei

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