Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 29 (1906))

Preisbestimmung und § 826 BGB.

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Warenhäusern und Buchhandel, sondern es handelt sich für uns um den
großen Grundsatz: darf einem Kaufmann, der nicht vertragsmäßig ge-
bunden ist, verwehrt werden, die Ware zu einem beliebigen Preise zu
verkaufen? Können die Gerichte dieser niedersteigenden Preisbewegung
entgegentreten und einen Verkauf unter dem gewöhnlichen Preise ver-
bieten und für rechts- und sittenwidrig erklären?
Hier darf nur mit einem Nein geantwortet werden; denn daß,
abgesehen von vertragsmäßiger Bindung, die Preisbestimmung stets
eine persönliche Befugnis eines jeden Berkehrstreibenden ist, das ist
ein Grundgesetz unseres Handels, und wenn der Staat unter Umständen
Taxen und ähnliches bestimmt, so will das nur heißen, daß nicht be-
liebig höhere, nicht aber auch, daß nicht beliebig niedrigere Preise an-
gesetzt werden dürfen. Durch jede andere Auffassung der Verhältnisse
kommt die Bevölkerung in Nachteil, und wir erhalten wieder die
Monopolisierung mit allen ihren Folgen; denn ob nur eine Klasse
von Kausleuten die Waren vertreiben dürfe, oder ob sie zwar jeder
vertreiben darf, aber nur zu den von dieser Klasse bestimmten Preisen,
kommt schließlich auf dasselbe heraus: das Grundübel der Monopolisie-
rung liegt in der Willkür der Preissteigerung, und diese Willkür wird
auf solche Weise der Bevölkerung aufgedrängt. Nur wenn es dem
Verkehrtreibenden möglich ist, zu niedrigeren Preisen zu verkaufen, nur
dann kann hierdurch stets ein entsprechender Preisstand erzielt und die
Steigerungswillkür gebrochen werden; und mag man heutzutage der
Gewerbefreiheit manches schlimme nachsagen, so darf diese Seite der
Freiheit in keiner Weise aufgegeben werden, sollen wir nicht in der
Kultur wieder um ein Bedeutendes zurückkommen, und soll nicht an
Stelle der kräftigen Eigenpersönlichkeit die sozialistische Unterdrückung
treten. Ich habe darum seinerzeit auch den Grundsatz aufgestellt,
daß bei Kartellen die Gebundenheit immer nur eine zeitweilige sein
könne und jeder Teilnehmer die Möglichkeit haben müsse, auszutreten
und wieder in die Gewerbefreiheit zurückzukehren. Das hat man vielfach
bekämpft, aber die Zukunft wird die Notwendigkeit dieses Grundsatzes
genügend darlegen.

8 2.
Das freie Preisbildungsrecht hat man aus verschiedenen Gründen
bekämpft. Einmal behauptete man überhaupt, daß es gegen die guten

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