Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 29 (1906))

Sachlegitimation des Mannes am Gesamtgute.

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Für eine Reihe von Verbindlichkeiten haftet also sowohl die Frau
persönlich, als auch das Gesamtgut, z. B. für Schadensersatzansprüche
auf Grund einer unerlaubten Handlung der Frau. In solchen Fällen
kann also der Gläubiger gezwungen sein, zwei Klagen zu erheben:
eine gegen die Frau, um einen Vollstreckungstitel in das Vorbehalts-
gut der Frau zu erhalten, und eine zweite gegen den Ehemann, um
einen Vollstreckungstitel in das Gesamtgut sich zu verschaffen. Da
der Mann für Verbindlichkeiten der Ehefrau, welche Gesamtguts-
verbiudlichkeiten sind, auch persönlich als Gesamtschuldner haftet und
es sich bei beiden Klagen um denselben Klageanspruch handelt, steht
natürlich in diesem Falle kein Hindernis im Wege, die Klage gegen
beide Teile als Streitgenossen gemeinsam zu stellen (§ 59 Halbsatz 2,
§ 60 ZPO.). Jedoch ist immer festzuhalten, daß hier der
Mann als Repräsentant des Gesamtgutes, die Frau dagegen
als- persönliche Schuldnerin verklagt ist. Es kann daher der
Klageanspruch in der Richtung gegen die Frau bejaht, dagegen in der
Richtung gegen den Mann als gesetzlicher Vertreter des Gesamtgutes
verneint werden. Es handelt sich also keinensalls um eine notwendige
Streitgenossenschaft des § 62 ZPO?")
Haftet die Ehefrau dagegen für die durch Klage geltend zu machende
Verbindlichkeit nicht als persönliche Schuldnerin, so ist jede Möglichkeit,
die Frau mitzuverklagen, ausgeschlossen?")
Denn 1. wird eine Verbindlichkeit des Mannes durch Klage geltend
gemacht, so haftet die Ehefrau für diese Verbindlichkeit zwar mit dem
Gesamtgut, sie ist auch prozeßfähig und parteifähig, allein es fehlt ihr
gemäß § 1443 BGB. jede Legitimation zur Verfügung über das
Gesamtgut. Wollte man eine solche Klage gegen die Frau für zulässig
halten, so würde das Urteil aus dieser Klage eine Verbindlichkeit der
Frau feststellen, die die Frau gar nicht erfüllen kann und auch nicht
durch Zwangsvollstreckung verwirklicht werden könnte.
2. Die Zivilprozeßordnung erklärt in § 740 ausdrücklich, daß ein
Titel gegen den Mann zur Vollstreckung einer Gesamtgutsverbindlichkeit
in das Gesamtgut genügt. Der Gläubiger hat demgemäß gar kein
Interesse, die Frau neben dem Manne zu belangen.
19) Die gegenteilige Meinung vertritt Hellwig S. 337, aber im Wider-
spruch mit seinen Ausführungen S. 339 unter Ziff. 2 letzter Satz.
'«) Derselben Meinung Meikel BlfRA. Bd. 67 S. 227.

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