Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 39 (1913))

Das Anwendungsgebiet des § 1301 BGB.

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nach Matzgabe der für die condictio cau8a data causa non secuta
gellenden Vorschriften zurückzngcben seien.
Infolge der in der zweiten Kommission vorgenommenen
Aendernng der Vorschriften über die .Herausgabe einer unge-
rechtfertigten Bereicherung erwies sich auch eine Aendernng des
EI § 1220 als notwendig. Ans einer Znsammenziehiing von
mehreren in der Kommission gestellten Anträgen wurde der
§ 1301 BGB. geschaffen, der allgemein die Zulässigkeit der
Rückfordernng der unter Verlobten gemach!en Geschenke bei
Auflösung deS Verlöbnisses nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ausspricht. Da-
bei wurde die Frage offen gelassen, ob es sich bei dem im § 1301
gegebenen Anspruch um einen Anwendungsfall einer bereits
im Rechte der Schuldverhältnisse allgemein geregelten condictio
oder um einen auf einer besonderen gesetzlichen Vorschrift be-
ruhenden eigenartigen Kondietionsfall handele. *)
Diese Frage ist dahin zu beantworten, daß §1301 dem Wort-
laute nach einen besonderen Kondietionsfall schafft, der mit
keinem der in den §§ 812 ff. BGB. geregelten Kondietionsfälle
identisch ist. * 2) In Frage kommen könnten für eine Identität
mit dem Anspruch aus §1301 nur die beiden in den §§812
Abs. 1 Satz 2 erwähnten Kondietionsfälle des Wegfalls des recht-
lichen Grundes und des Nichteintritts des mit der Leistung
nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts bezweckten Erfolgs; sie
treffen aber beide nicht zu. Der rechtliche Grund für die durch
die Schenkung herbeigeführte Bereicherung ist nicht das Ver-»
löbnis, sondern der Schenkungsvertrag. Zwar ist das Vorhanden-
sein des Verlöbnisses in der Regel der Beweggrund für die
Schenkung: die Auflösung des Verlöbnisses hat aber deshalb
noch keineswegs die Unwirksamkeit des Schenkungsvertrags zur
Folge. Ebensowenig kann man sagen, daß mit der Auflösung

0 Vgl. Prot. IV S. 6—7.
2) Anders nur N eumann, Handausgabe des BGB. für das
Deutsche Reich, Anm. 3 zu 81301, der den Rückforderungsanfpruch
aus 81301 als einen Fall der Rückforderung wegen Nichteintritts des
mit einer Leistung nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts bezweckten
Erfolgs ansieht.

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