Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 36 (1911))

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Rundstein.

zu seinen Mitgliedern aufgeklärt wird und daß die Subsumtion der
neuen bisher unbekannten Kategorie der Verträge unter den Begriff
der Stipulation keine Bestimmung ihres Wesens und Inhalts mit sich
bringt: da die beim Versprechen von Leistung an Dritte charakteristische
Gestaltung des Rechtsverhältnisses nicht ein bestimmter Vertrag, sondern
eine allen Verträgen in tt^xotdesi eigentümlicheModalität der Leistungs-
pflicht sei. Zu der Begriffsverwirrung auf diesem Gebiete hat auch die
verhängnisvolle Verwechslung des Tarifvertrags mit dem kollektiven
Arbeitsvertrag beigetragen. Sobald man aber aufgehört hat, das Ver-
hältnis des Verbandes zu seinen Mitgliedern als das das Wesen des
Vertrags selbst erklärende Moment herbeizuziehen, hat man die Tarif-
vereinbarung ihrem Inhalte und ihrer Wirkung auf die der generellen
Regelung unterstehenden Arbeitsverträge nach als eine besondere Vertrags-
kategorie, die weder im Rahmen des Mandats, noch der Versprechung der
Leistung an Dritte aufzufassen sei, zu charakterisieren versucht. Indem
man die Bedeutung des Mandats als eines bloß den Vertragsabschluß
begleitenden Vorganges und die Stipulation zugunsten Dritter als
dem Vertragsinhalt nicht konforme Auffassung erkannt hat, ist das
eigentliche Konstrukttonsproblem zur Behandlung gelangt. Wie wir
noch sehen werden, haben die französischen Gesetzentwürfe, die das
rechtliche Wesen der Tarifregelung und die Verteilung von Rechten
und Pflichten richtig erfaßt haben, sich auf den Boden der kombinierten
Theorie gestellt, und in diesem Sinne die meisten Streitfragen des
Tarifrechts gelöst. Freilich ist die Frage einer als normal aufzu-
stellenden Verteilung von Verbands- und Individualrechten in den
besagten Entwürfen nicht erschöpfend beantwortet: der Grundgedanke
jedoch, dementsprechend der Verband und seine Mitglieder als gleich-
zeitig berechtigt und obligiert zu gelten haben, wird aufrechterhalten.
Unter einem anderen Gesichtswinkel wird aber das Tarifverhältnis in
der gründlichen Monographie von Rast, Oes conventions collectives
relatives ä Torganisation du travail (Paris 1908) behandelt: hier
wird nämlich unter Ablehnung der üblichen Konstruktionen (Mandat,
Versprechen von Leistungen an Dritte, Geschäftsführung ohne Auftrag)
das Gmndproblem in den Vordergrund gestellt. Wenn dem Tarif-
vertrag spezifische, anderen Vereinbarungsarten unbekannte Rechts-
wirkungen beigelegt werden sollen, so ist die Hauptflage, die für Dog-
matik der Anwendung, Durchführung und Erfüllung der Tarifverabredung

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