Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 36 (1911))

218 Rund stein.
Vielleicht als Vorzug dieser Kontrahierungsart anführen, daß die —
wenn auch vorübergehende — Beteiligung des Verbandes von recht-
licher Relevanz in bezug auf die normale Vertragserfüllung sei, weil
sie die sozialrechtliche Funktion als reflektorische Wirkung der Tarif-
vereinbarung ins Leben ruft. Es ist aber sehr fraglich, ob bei dieser
konsequent durchgesührten Auffassung der Verbandsbeteiligung, die sich
ausschließlich in der Vertretung — ohne irgendwelcher anderen Ein-
wirkung auf die weiteren Schicksale des Vertrages zu gedenken — er-
schöpft, von „sozialrechtlicher" Funktion überhaupt die Rede sein
kann. Sinzheimer, der die Bedeutung dieser Funktion eingehend
behandelt, bemerkt mit Recht, daß der ihre Aufstellung begründende
Vereinsbeschluß nur deswegen vorgenommen wird, um die Bestimmungen
des Tarifvertrags auch für die Vereinsmitglieder zur Geltung zu
bringen (Bd. II S. 238) und daß er durch das Interesse der Organi-
sation bedingt wird, die die einzelnen Mitglieder zur Wahrung der
Arbeitsnormen vereinsrechtlich anhalten will (a.a.O. S. 242). Diese
nach innen gerichtete Schutzfunktion ist aus dem Grunde unentbehrlich,
weil, nach der von Sinzheimer vertretenen Verbandstheorie, die ein-
zelnen als solche durch den korporativ abgeschlossenen Tarifvertrag weder
berechtigt noch obligiert werden. Stellt man sich aber bei Annahme
der Vertretungstheorie auf den Standpunkt, daß die einzelnen beim
Vertragsabschluß als ausschließliche Kontrahenten hervortreten,
so ist die Hervorhebung einer selbständigen sozialrechtlichen Funktion
überflüssig, weil diese nur die bereits und ursprünglich vom Tarif-
vertrag statuierte Übernahme von Rechten und Pflichten zu bestätigen
hätte. Daß diese Wiederholung notwendig wäre, läßt sich nicht
behaupten. Nur im Falle, wo man außer der Vertreterrolle dem Ver-
bände eine selbständige in bezug auf den Vertragsinhalt (mag es sich
auch um unwesentlichen Inhalt handeln) erhebliche Aufgabe zuweist,
würde, auch bei Annahme der Vertretungstheorie, die sozialrechtliche
Funktion von Bedeutung sein, insofern nämlich es sich darum handeln
würde, daß die einzelnen eben den vom Verbände übernommenen Ver-
bindlichkeiten nicht entgegenwirken und zuwiderhandeln sollen. Sonst
aber könnte der Hinweis auf die Bedeutung der sozialrechtlichen Funktion
in Fällen, wo die einzelnen primär verpflichtet sind und der Verband
nach dem Vertragsabschluß mit der Tarifvereinbarung nichts mehr zu
tun hat, keinen besonderen Vorzug der Organisationsvermittlung be-

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