Volltext: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 38 (1913))

Lehre vom Besitze.

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§ 958 Abs. 1 — mit ausdrücklichen Worten vorgeschrieben. Den
Umständen nach Kann daher durch das alleinige, in der Okku-
pationsabsicht erfolgende Schließen der Gattertore das Eigentum
am eingesprungenen Wilde erworben werden. Es genügt auch,
wenn im Gatter ein Einsprung zu Bemächtigungszwecken ge-
lassen wird. Dann ist die Rechtslage keine andere, als wenn
das Wild in der auf eigenem Grundstück aufgestellten Falle sich
fängt, falls nämlich der Bemächtigung ein weiteres Hindernis
nicht entgegensteht. Das trifft nur nicht immer zu.
Mit Unrecht aber wird behauptet, daß schon der Verlust
der natürlichen Freiheit sofort die Herrenlosigkeit des Wildes
behebt, dasselbe damit zum Eigentum des Hegebesitzers macht.
Allein dieser Rechtsstandpunkt wird durch die positive Gesetz-
gebung nicht unterstützt. Es hat der § 960 der Tiergärten, kei-
neswegs aber auch der von ihnen ganz verschiedenen Wild-
gärten, Wildparke, Hegewälder Erwähnung getan, obwohl
man sich dessen bewußt war, daß „eingehegte Reviere" von
den Tiergärten wohl zu unterscheiden seien. (Prot. Bd. 3 S. 254)
Es wurde schon darauf hingewiesen, daß das in diesen gehaltene
Wild in großen Teilen des Reiches als herrenlos und Objekt
des Jagdvergehens gelte. Mit Absicht ist daher im § 960 nicht
auch dahin die Textierung ergangen:
„Wilde Tiere in Tiergärten und eingehegten Wäldern —
sind nicht herrenlos."
Auch der Schluß ist ungerechtfertigt, daß wilde Tiere in
eingehegter- Grundflächen nicht in anderer Rechtslage sich be-
finden könnten als „Fische in Teichen oder anderen geschlossenen
Privatgewässern." Vielmehr sind die Verhältnisse, unter denen
die den verschiedenen Tierklassen angehörenden Lebewesen ihr
Dasein fristen, auch ganz verschieden. Es ist der Fisch an sein
Element gebunden und nur auf ganz kurze Zeit in der Lage,
außerhalb des Wassers zu leben. Die Fluchtunmöglichkeit in
geschlossenen Gewässern ist damit gewährleistet. Und daran än-
dert auch die Größe dieser Gewässer nichts. Das Wild aber
fristet sein Dasein überall, wo es trockenen Boden unter den
Füßen hat. Damit ist auch der Gesichtspunkt örtlicher Gebun-
denheit ein entgegengesetzter, der Schluß auf eine gleiche Rechts-
lage verboten. Und der Gesetzgeber hat es vermieden, sich in

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