Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 38 (1913))

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Hedemann.

schöpft sind? Ein rechtliches Interesse an der „alsbaldigen" Fest-
stellung (ZPO. 256) könnte hier schon eher behauptet werden.
Denn meistens bekommt ein derartig erstinstanzlich ausgeschlosse-
nes Mitglied eine unangenehme Zwitterstellung. Es wird von
den Mitgliedschaftsrechten „suspendiert" oder dergleichen, und
man könnte nun erwägen, ob nicht diese, möglicherweise un-
verdiente Zwitterstellung ein s o f o r t i g e s richterliches Einschrei-
ten rechtfertigt, wenn das erstinstanzliche Verfahren ordnungs-
widrig verlaufen ist. Trotzdem empfiehlt sich die Verneinung^).
Man muß bedenken, daß der Verstoß der ersten Instanz durch die
zweite Instanz wieder gut gemacht werden kann^). Die zweite
Instanz kann insbesondere den erstinstanzlichen Spruch geradezu
kassieren. Dann ist der erstinstanzliche Spruch gar nicht mehr
da. Gegen was soll sich dann die inzwischen erhobene Feststel-
lungsklage richten? . Dazu kommt, daß der Eingriff des Rich-
ters leicht ein Schlag ins Wasser werden kann. Denn nichts
hindert die zweite Vereinsinstanz, trotz der Aufhebung des erst-
instanzlichen Spruches durch ein ordentliches Gericht ihrerseits
doch wieder genau so zu erkennen, wie es die erste Vereinsinstanz
getan hatte. Und wenn dann das Verfahren der zweiten Instanz
formell einwandfrei verlaufen ist, wird gegen den zweiten Spruch
schwerlich etwas zu machen sein^). Nur in einem Falle, der
leicht praktisch werden kann, wird ein richterliches Verfahren
schon vor dem Spruch der zweiten Vereinsinstanz am Platze sein,
nämlich dann, wenn die zweite Vereinsinstanz ein Tätigwerden
übermäßig verzögert, wenn etwa die Generalversammlung als
zweite Instanz die betreffende Berufungssache grundlos von der
Tagesordnung absetzt und auf die Generalversammlung des näch-
sten Jahres vertagt. Denn dann ist von vornherein auch das
lf) So auch OLG. Dresden vom 31. Januar 1911 (Seufferts A. 66 Nr.
145 S. 287), allerdings nicht in einem Fall aus dem Bereinsrecht, sondern aus
dem Genosienschaftsrecht. Wer bejaht, wird übrigens vor die weitere Frage gestellt,
ob durch einen entsprechenden ausdrücklichen Passus der S a tz u n g e n das Anrufen
deS Richters vor Erschöpfung aller Vereinsinstanzen verboten werden kann. M. E.
steht einem solchen Passus der Satzungen nichts im Wege.
14) Vgl. als ungefähre Parallele 8 539 ZPO.
16) Aber auch dann, wenn man sagt: der zweite Spruch setze eine ordnungs-
gemäße erste Instanz voraus und sei beim Fehlen einer solchen selbst ebenfalls in
einem ordnungswidrigen Verfahren zustande gekommen, bleibt die nochmalige Eröff-
nung eines gerichtlichen Verfahrens gegen den 2. Spruch eine Mißhelligkeit.

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