Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 20 (1902))

Prwatversicherungsgesetz.

L
befugt ist, zum Zwecke der Sanirung einer nothleidenden Versicherungs-
Unternehmung bestimmte Arten von Zahlungen, insbesondere Gewinn-
vertheilungen, und bei Lebensversicherungen den Rückkauf oder die Be-
leihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf zeitweise
zu verbieten. — Einen tiefen Eingriff in die vertragsmäßigen Rechte
der Versicherten enthält auch der § 69 Abs. 2, indem er der Aufsichts-
behörde die Befugniß giebt, zum Zwecke der Sanirung nöthigenfalls
die Verpflichtungen einer Lebensversicherungsunternehmung aus ihren
laufenden Versicherungen dem Stande ihres Vermögens entsprechend,
jedoch um höchstens dreiunddreißigeindrittel Prozent, zu ermäßigen.
Der Eingriff stellt sich um so schwerer dar, als das Gesetz nicht ein-
mal vorschreibt, daß die Betroffenen oder auch nur eine Vertretung
derselben vor der Reduzirung ihrer Ansprüche gehört werden müssen,
wenngleich anzunehmen ist, daß die Aufsichtsbehörde im gegebenen Falle
nicht eine solche Verfügung treffen werde, ohne sich vorher aus eine
ihr zweckmäßig erscheinende Weise mit den Versicherten ins Benehmen
gesetzt zu haben.
Von großer privatrechtlicher Tragweite ist die Vorschrift des § 86
Abs. 2 Nr. 3, wonach die Erlaubniß zum Geschäftsbetrieb im Inland
ausländischen Unternehmungen nur gegeben werden darf, wenn die
Unternehmung sich verpflichtet, innerhalb des Reichsgebiets eine Nieder-
lassung zu unterhalten und für das Inland einen Hauptbevollmächtigten
zu bestellen, der innerhalb des Reichsgebiets seinen Wohnsitz hat und
dem das Gesetz selbst die Dritten gegenüber nicht beschränkbare Er-
mächtigung beilegt, die Unternehmung zu vertreten, insbesondere die
Versicherungsverträge mit Versicherungsnehmern im Inland und über
inländische Grundstücke mit verbindlicher Kraft abzuschließen, auch alle
Ladungen und Verfügungen für die Unternehmung in Empfang zu
nehmen.
Dieser Vorschrift an die Seite zu stellen ist die Vorschrift des
§ 115 Abs. 2, wonach inländische Versicherungsunternehmungen ver-
pflichtet sind, unter gewissen Voraussetzungen in einem Bundesstaat
auf dessen Verlangen einen dort wohnenden Hauptbevollmächtigten zu
bestellen, dem das Gesetz eine gleich umfangreiche gesetzliche Vollmacht
beilegt, wie dem Hauptbevollmächtigten im Falle des § 86, ausgenommen
die eine Beschränkung, daß der Hauptbevollmächtigte im Falle des § 115
zum Abschlüsse von Lebensversicherungsverträgen der vorgängigen Ge-

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