Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 20 (1902))

Landwirthschaftliches Nebengewerbe.

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Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache mit der Weisung
zurückoerwiesen wurde, daß die Entscheidung davon abhängig zu machen
sei, ob Art und Umfang des Bäckereibetriebs einen in kaufmännischer
Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erforderten oder nicht. — Die Rechts-
auffassung des Bäckermeisters dürste doch die richtigere sein. Für sie
streitet zunächst der zweifelsfreie Wortlaut des § 4 und die Stellung
des Letzteren im Gesetze, der — ebenso wie der § 3 — gegenüber den
vorhergehenden allgemeinen Vorschriften als Ausnahmebestimmung
erscheint. Für sie streitet aber auch die Tendenz des Gesetzes. Danach
sollte durch das neue H.G.B. in Ansehung der Handwerker an dem
bisherigen Rechtszustande nichts geändert werden. »Dem Handwerker-
stande« sagt die Denkschrift II S. 16, ob mit Recht oder Unrecht,
sei hier dahingestellt, jedenfalls aber mit nicht mißzuverstehender
Deutlichkeit »muß die durch seine Betriebsverhältnisse bedingte Sonder-
stellung, wie bisher, gewahrt bleiben«. Die bisherige Sonderstellung
aber bestand gerade darin, daß der Handwerker eine Firma anzumelden
weder verpflichtet noch berechtigt war (A.D.H.G.B. Art. 10). Der
Auffassung des Kammergerichts ist ferner entgegenzuhalten, daß ihr
zufolge auch die Uebernahme der Bearbeitung oder Verarbeitung von
Waaren für Andere (H.G.B. tz 1 Z. 2) sowie die Geschäfte der
Druckereien (ebenda Z. 9), obwohl sie nur dann als Grundhandels-
gewerbe gelten sollen, wenn der »Betrieb über den Umfang des
Handwerks hinausgeht«, gemäß H.G.B. § 2 eintragungspflichtig sein
würden, wenn sie zwar handwerksmäßig betrieben werden, Art und
Umfang dieses Betriebs aber eine kaufmännische Organisation erfordern
— ein Ergebniß, das vom Gesetz offensichtlich nicht beabsichtigt ist.
Dabei läuft auch eine Verkennung des Verhältnisses der §§ 1 und 2
H.G.B. zu einander unter. Jeder dieser beiden Paragraphen schließt
den anderen aus; ein Grundhandelsgewerbe ist niemals ein siktives,
ein siktives niemals ein Grundhandelsgewerbe. Daraus folgt, daß,
wenn die Entscheidung des Kammergerichts, nach der der Handwerker,
dessen Gewerbebetrieb den Voraussetzungen des § 2 entspricht, ein-
tragungspflichtig ist, richtig wäre, diese Eintragungspflicht mit ihren
verhängnißvollen Folgen doch nur in denjenigen Fällen eintreten könnte,
in denen es sich nicht um ein Grundhandelsgewerbe, sondern um ein
fiktives Handelsgewerbe handelt — eine Konsequenz die unleidlich
genannt werden müßte und deshalb auch von der bezeichneten Ent-

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