Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 20 (1902))

Mittelbarer Besitzer.

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gewahr kraft des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses ver-
pflichtet ist, entäußert haben, gegen ungerechtfertigte Angriffe Dritter,
die ihrem Interesse im Hinblick auf die Zukunft nachtheilig sind,
possessorisch zu schützen. Vornehmlich wegen dieser Aussicht, später
wieder in den unmittelbaren Besitz zurückzugelangen, wird ihnen vom
Gesetze noch (mittelbarer) Besitz zugeschrieben, um es zu rechtfertigen,
daß sie unabhängig von dem wirklichen Gewaltinhaber gegen Besitz-
störungen oder Besitzentziehung seitens Dritter selbständig reagiren
können. Daraus ergiebt sich aber, daß nur dann, wenn ein so geartetes
Verhältniß zwischen dem Gewaltinhaber und dem Anderen besteht, ein
Bedürfniß vorliegt, diesem Anderen den mittelbaren Besitz und damit
Besitzschutz zuzubilligen. Soll daher ein Rechtsverhältniß, auf das im
Uebrigen der Inhalt des Relativsatzes: „vermöge dessen der Eine dem
Anderen gegenüber auf Zeit zunr Besitze berechtigt oder verpflichtet
ist", zutrifft, dem Erfordernisse der Aehnlichkeit mit den Beispielen des
§ 868 Genüge leisten, so muß es abgesehen davon, daß der unmittel-
bare Gewaltinhaber sein Recht zum Besitze von dem anderen Theile
ableiten muß, ein Verhältniß sein, das seiner juristischen Wesen-
heit nach darauf hinzielt, die Sache nur innerhalb gewisser zeitlicher
Grenzen dem mittelbaren Besitzer zu entziehen und sie nach Beendigung
des Verhältnisses bestimmungsgemäß zu ihm zurückkehren zu lassen.
Bei Anwendung dieses Ergebnisses auf unseren Fall finden wir
zwar das eine Moment, daß der unmittelbare Besitzer (hier der Käufer)
von dem anderen Theile (hier dem Verkäufer) sein Recht zum Besitze
herleitet, verwirklicht, nicht aber das andere. Denn das zwischen den
Parteien bestehende Verhältniß, das sich, wie gezeigt, auf die in Er-
füllung des Kaufes geschehene bedingte Uebereignung gründet, weist
nicht den jenen Beispielsfällen gemeinsamen Zug auf, den wir als
nothwendiges Erforderniß für die Aehnlichkeit eben festzustellen versucht
haben. Es handelt sich hier um ein Veräußerungsgeschäft, also
um ein Geschäft, dessen juristische Natur darin besteht, die Sache in
das Eigenthum des Erwerbers zu überführen und sie damit definitiv
der Machtsphäre des Veräußerers zu entziehen. Daß die Veräußerung
vorerst noch bedingt ist, ändert hieran nichts. Nach der dem Geschäft
immanenten Tendenz soll die Sache aus dem Vermögen des Veräußerers
endgültig ausscheiden, wenngleich erst mit dem Eintritt eines in der
Zukunft liegenden ungewissen Ereignisses. Wenn darnach zwar die

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