Full text: Archiv für bürgerliches Recht (Bd. 20 (1902))

Vereine ohne Rechtsfähigkeit.

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Mitglieder gegen den Versprechenden, daß er an die Kläger die schenk-
weise versprochene Summe zahle, das schenkweise versprochene Grundstück
auflasse. Dem Beklagten steht nicht der Einwand zu: der Verein, dem
er das Versprechen gemacht, sei nicht rechtsfähig, das Versprechen daher
— als einem nicht vorhandenen Promissar gemacht — ungültig. Denn
die Absicht des Beklagten ging dahin, dem Vereinszwecke Vermögen zu-
zuführen; in welcher Weise dies ausgeführt würde, ob durch Ver-
mehrung eines etwa vorhandenen Korporations- oder eines Gesellschafts-
vermögens, also eines im Miteigenthume der Vereinsmitglieder stehenden
Vermögens, ist für die Verpflichtung des Versprechenden gleichgültig.
Aus demselben Grunde ist es ferner gleichgültig, ob die Annahme der
Schenkung seitens des Vorstandes eines rechtsfähigen Vereins oder
durch sämmtliche oder durch eine satzungsgemäß festgestellte Anzahl der
Mitglieder erfolgt; der Beklagte kann sich also auch nicht darauf be-
rufen, daß nicht sämmtliche, sondern nur ein Theil der Mitglieder für
die Annahme gestimmt hätten. Erfolgt die Leistung seitens des Be-
klagten, so wird das Geleistete Vereins-(Gesellschafts-)Vermögen, §§ 718,
54, also Miteigenthum sämmtlicher Mitglieder, auch derjenigen, die
gegen die Annahme der Schenkung gestimmt haben; denn durch die
Satzung, die sie selbst beschlossen oder der sie durch Eintritt in den
Verein zugestimmt haben, haben sie sich verpflichtet, sich dem Beschlüsse
der Mehrheit zu unterwerfen. Beschließt die Mehrheit der Mitglieder-
versammlung die angebotene Schenkung abzulehnen, so können nicht
etwa einzelne Mitglieder, die für die Annahme gestimmt haben, die
Leistung ganz oder theilweise für sich oder für den Verein beanspruchen;
denn die Absicht des Geschenkgebers ging bei seinem Angebote dahin,
daß die Zuwendung Vereins-(Gesellschafts-)Vermögen werden solle,
und zwar lediglich auf dem Wege, auf dem nach der Vereinssatzung
über Angelegenheiten des Vereins beschlossen wird, d. h. durch die

Mitgliederversaminlung. — Unmöglich aber ist es, auf diesem Wege

die Mitglieder in ihrer gesellschaftlichen Verbundenheit letzt willig zu
bedenken. Denn nach den §§ 1942, 2176 erfolgt der Anfall der Erb-
schaft und des Vermächtnisses an den Bedachten mit dem Eintritte des
Erbfalls; ist der Bedachte ein rechtsfähiger Verein oder eine Mehrzahl
einzelner (nicht gesellschaftlich verbundener) Personen, so ist Ersterer und
sind Letztere mit jenem Zeitpunkte kraft Gesetzes Eigenthümer des Nach-
lasses oder Forderungsberechtigte (ß 2176) geworden; zum Verluste des

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