Kurze Anzeigen. 437
verschweigen ist, daß Detlefsen von solchen Strichen aus der Tafel
keine Spur bemerkt hat (S. 20 Not. 2).
Girtanner freilich versucht nach der bei Detlefsen S. 16 fg.
abgedruckten Mittheilung eine andere Deutung. Er bemerkt zu-
nächst : wenn man sich die Parteien als Römer denke, so sey, da
ein formloses Versprechen vorliege, als Möglichkeit gegeben ent-
weder ein Consensualcontract oder ein Constitutum. Gegen das
erste scheint ihm das anodw Z. 4 zu sprechen, das besser zur
Rückgabe passe, gegen das zweite die Verabredung der Verzinsung,
die beim Constitutum ebenfalls eine schon bestehende Verpflichtung
voraussetzen würde, besonders aber die angehängte Poenalclausel,
für welche eine schon bestehende Verbindlichkeit, selbst als natu-
ralis obligatio, nicht wohl angenommen werden könne. Er neigt
sich daher zu der Vermuthung, daß die Urkunde eine peregrinische
war, betreffend ein Darlehen, ein Chirographum oder eine Syn-
graphe in der Form, wie sie Heimbach (Creditum Nro. XVI.)
nach einer ägyptischen Papyrusurkunde (bei Detlefsen S. 18
Anm. 1 zur Vergleichung abgedruckt) darftellt; und zwar hält er,
in Z. 1 Twv lomwv gleich Tov lontov nehmend und darnach
ofxoloywv ergänzend, für das wahrscheinlichste Folgendes: „Der
erste Theil enthielt das Bekenntniß des Empfangs und die causa
— wahrscheinlich Darlehen — das Versprechen der Rückgabe am
1. Oct., und daran schließt sich unser Stück so an: indem ich
fortan, oder: indem ich übrigens verspreche den hundertsten" u. s. w.
In der letzten Clausel aber vermuthet er eine Verabredung, die
den Zweck eines einfachen Anatocismus, aber in der bequemeren
Gestalt einer Conventionalstrafe von bestimmtem Betrage erreichen
sollte, rmd findet dann darin ein weiteres Argument für die Pere-
grinität der Parteien, „da für Römer der Anatocismus und daS
Ueberschreiten der centesimae usurae, auch auf den Narpen einer
Conventionalstrafe, untersagt war," während für Peregrinen wenig-
stens zu Cicero's Zeit der Anatocismus erlaubt war.
Das letzte Argument scheint mir wenig bedeutend. Denn wie
uns das Maß der centesimae usurae gerade zuerst in den Pro-
vinzen begegnet und das von Cic. ad Att. V. 21 §♦ 13 angeführte
Sc. centesimae usurae perpetuo foenore ducerentur* eben-
falls auf Provineialen sich bezog, so war auch gewiß daS zur Seit
der elastischen Juristen bestehende Verbot des Anatocismus nicht