Full text: Deutsche Juristen-Zeitung (Jg. 6 (1901))

No. 24.

Deutsche Juristen-Zeitung.

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pflichtigen Betriebe beziehen, deren Nichtanmeldung die
Vorenthaltung oder Hinterziehung eines Steuerbetrages
zur Folge gehabt hat. Dies folgt zunächst aus dem zweiten
Satz des § 70, der bestimmt: „Daneben ist die vorent-
haltene Steuer zu entrichten“, sowie aus dem die Nach-
steuer regelnden § 78, in dem von Steuerpflichtigen ge-
sprochen wird, welche entgegen den Vorschriften dieses
Gesetzes bei der Veranlagung übergangen oder steuerfrei
geblieben sind, „ohne dafs eine strafbare Hinterziehung
der Steuer stattgefunden hat (§§ 70 ff.)“. (Urt. 8. 284/01
v. 29. April 1901.)
42. (Kollekte.) Das KG. bat jetzt in Abweichung
von der Ansicht des Reichsgerichts (Entsch. Bd. 21
S. 192 ff.) und von seiner bisherigen Praxis angenommen,
dafs Sammlungen in öffentlichen Versammlungen, insbes.
die sogenannten Tellersammlungen, nicht als Kol-
lekten im Sinne des § 11 No. 4e der Instruktion für die
Oberpräsidenten v. 31. Dez. 1825 anzusehen seien. Es
nimmt in ausführlichen Gründen auf die Vorschriften des
ALR. über Kollekten und den Wortlaut der gedachten
Instruktion Bezug und kommt zu dem Resultat, dafs unter
Kollekten im gesetzlichen Sinne nur Haus- und Kirchen-
kollekten zu verstehen seien. (Uit. S. 212/01 v. 20. Mai 1901.)
43. (Pflichtfeuerwehr.) Die Polizei ist nicht
befugt, den Bewohnern einer Stadt im allgemeinen Inter-
esse die mit der Einrichtung einer Pflichtfeuerwehr
verbundenen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen, be-
stehend in der Leistung von Hand- und Spanndiensten,
durch eine Polizeiverordnung aufzuerlegen und die Nicht-
befolgung derselben unter Strafe zu stellen. Die Polizei
ist allerdings befugt, innerhalb der ihr zugewiesenen
Machtbefugnisse von den Bewohnern einer Stadt die Her-
stellung von den polizeilichen Anforderungen entsprechen-
den Zuständen zu verlangen; sie kann jedoch rechtliche
Verbindlichkeiten, wie solche mit der Einrichtung einer
Pflichtfeuerwehr verbunden sind, für die Bewohner einer
Stadt nicht neu begründen. Wohl aber giebt § 11 der
Städteordnung den Städten das Recht, besondere statuta-
rische Anordnungen zu treffen über solche Angelegen-
heiten der Stadtgemeinden, sowie über solche Rechte und
Pflichten ihrer Mitglieder, hinsichtlich deren das gegen-
wärtige Gesetz Verschiedenheiten gestattet oder keine aus-
drücklichen Bestimmungen enthält. Unbedenklich fällt die
Regelung des Feuerlöschwesens und die Einrichtung von
Pflichtfeuerwehren unter diesen Paragraphen. Die statutari-
schen Anordnungen bedürfen jetzt nach § 16 Abs. 3 des
Zuständigkeitsgesetzes v. 1. Aug. 1883 der Bestätigung des
Bezirksausschusses. (Urt. S. 359/01 v. 23. Mai 1901.)
III. Preufs. Oberverwaltungsgericht.
A. I.-IV. Senat.
Mitget. von Dr. Schaltzenstein, Oberverwaltungsgerichtsrat,Berlin.
110. (Aenderung der Schreibweise des Namens.)
Die Ansicht der Kläger, dafs das Gebot einer Aenderung
oder Beseitigung des Geschäftsschildes selbst dann un-
zulässig sein würde, wenn der Gebrauch der Schreibweise
„Szulc“ sich als eine unter das Verbot der Kabinettsordre
vom 15. April 1822 fallende Aenderung des Familien-
namens kennzeichnen sollte, geht fehl. Ist in dem Ge-
brauche der Schreibweise „Szulc“ statt „Schultz“ in der
That eine Aenderung des Familiennamens zu finden, so
stellen diejenigen Handlungen, in denen die Aenderung
äufserlich und öffentlich zu Tage tritt, Störungen der
öffentlichen Ordnung dar, denen entgegenzutreten die
Polizeibehörde kraft der ihr im § 10 II 17 ALR. zu-
gewiesenen Aufgabe, die nötigen Anstalten zur Erhaltung
der öffentlichen Ordnung zu treffen, wohl befugt ist. Als
eine derartige Handlung aber stellt sich die Aushängung
eines Geschäftsschildes, auf dem sich der Inhaber einen
geänderten Namen beilegt, dar; denn sie enthält die an
die Oeffentlichkeit gerichtete und sich während der
ganzen Dauer der Aushängung des Schildes fortsetzende
Bekanntmachung, dafs der darauf geschriebene Name
derjenige des Inhabers sei. Danach war, wenn die Bei-
legung des Namens „Szulc“ überhaupt eine unter das

Verbot der Kabinettsordre fallende Aenderung enthielt,
die Polizeibehörde berechtigt, deren weitere Fortsetzung
zu verbieten oder auf Aenderung oder Beseitigung des
Schildes zu dringen. Hiernach hängt die Entscheidung
von Beantwortung der Frage ab, ob in der Wahl der
Schreibweise „Szulc“ statt „Schultz“ eine Aenderung
dieses Familiennamens zu finden ist, und das mufste
bejaht werden. (Dies wird näher ausgeführt unter Bezug-
nahme auf die Urteile des Kammergerichts v. 21. März 1899
u. 12. April 1900 und unter der Darlegung, dafs das
Urteil des OVG. v. 21. Sept. 1900 *) nicht entgegenstehe,
dann heilst es weiter:) Die Kläger haben noch darauf
hingewiesen, dafs diejenige Schreibweise ihres Familien-
namens, deren sie sich noch jetzt bedienen, schon bei
der Eintragung ihrer Geburten in das Kirchenbuch
benutzt worden ist, und gerade hierauf das Hauptgewicht
gelegt, jedoch mit Unrecht. Zwar hat das Kammer-
gericht in dem Urteile v. 7. Dez. 1899 ausgesprochen,
dafs dann von einer Aenderung des Familiennamens nicht
die Rede sein könne, wenn jemand stets denselben Namen
geführt habe, und dem Nachweise einer dem Angeklagten
gemachten Eröffnung dahin, dafs der von ihm gebrauchte
Name nicht der richtige, auch die Berichtigung seiner
Geburtsurkunde von Aufsichtswegen veranlafst sei, kein
Gewicht beigelegt; allein dieser in dem Urteile nicht
näher begründeten Ansicht hat der Gerichtshof nicht bei-
zutreten vermocht. Zuzugeben ist, dafs Mitteilungen und
Anordnungen der Behörden einem Verhalten, das sich
objektiv nicht als Aenderung des Familiennamens dar-
stellt, nicht den Charakter einer solchen geben können;
aber der Satz, dafs eine Aenderung des Familiennamens
nicht in Frage stehe, wenn jemand stets denselben
Familiennamen geführt hat, ist als richtig nicht anzu-
erkennen. Er würde es sein, wenn unter dem Familien-
namen, dessen eigenmächtige Aenderung die Kabinetts-
ordre v. 15. April 1822 verbietet, derjenige zu verstehen
wäre, den jeder Einzelne thatsächlich von Geburt an ge-
führt hat. Das ist aber mit der Unveränderlichkeit und
Erblichkeit der Familiennamen, die das Gesetz voraus-
setzt, völlig unvereinbar. Wenn das Gesetz bestimmt,
dafs niemandem bei Vermeidung der angedrohten Strafe
gestattet sein solle, ohne Erlaubnis seinen Familien-
namen zu verändern, so kann der Ausdruck „seinen
Familiennamen“ nur auf denjenigen Namen, den jeder zu
führen berechtigt und verpflichtet ist, bezogen werden.
Mufs aber die Kabinettsordre dahin verstanden werden,
so stellt die dauernde und beständige Führung eines
anderen, als des durch Abstammung erworbenen Namens
auch dann eine Aenderung des Familiennamens dar,
wenn sie stets, also von Geburt an erfolgt ist. Daran
ändert sich selbst in dem Falle nichts, wenn schon der
Vater seinen Namen unbefugterweise geändert hat;
denn diese Handlungsweise konnte, weil sie widerrechtlich
war, weder auf sein eigenes Namensrecht noch auf das
seiner Kinder Einflufs haben; rechtlich blieb sein und
seiner Kinder Familienname derselbe wie vorher. Die
Fortführung des geänderten Namens durch die Kinder
behält deshalb auch den Charakter einer Aenderung
ihres Familiennamens, die objektiv den Thatbestand
einer Uebertretung der Kabinettsordre v. 15. April 1822
darstellt, subjektiv aber solange straflos bleibt, als die
Kinder noch nicht strafmündig oder in dem tatsächlichen
Irrtum befangen sind, dafs der geänderte Familienname
der richtige sei. (Urt. I. 1047 v. 18. Juni 1901.)
B. V. und VI. Senat (Staatssteuersachen).
Mitgeteilt von Wirkl. Geh. Oberregierangsrat Fuisting,
Senatspräsident des Oberverwaltungsgerichts, Berlin.
(Ge werbe Steuer Sachen.)
111. (Mehrfache Veranlagung desselben Steuer-
pflichtigen in verschiedenen Gewerbesteuer-
klassen.) Nach § 29 Gewerbesteuerges. ist die der
Veranlagung zum Gründe zu legende namentliche
Nach Weisung der Steuerpflichtigen für die Klassen II, III
und IV durch die Steuerausschüsse festzustellen, und
!) Jahrg. VI S. 99 dieser Zeitung.

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